BGH zur Fernabschaltung gemieteter Autobatterien in Elektroautos
In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH die Rechte der Nutzer von Elektroautomobilen in Fällen eines gemieteten Akkus gestärkt und die Fernabschaltung der Batterie durch den Vermieter, u.a. im Fall von Mietrückständen oder einer Kündigung, für unzulässig erklärt.
AGB erlaubt Batteriesperre durch die Bank
Ein Verbraucherschutzverein hat gegen eine französische Bank auf Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln bei der Vermietung von Batterien für Elektrofahrzeuge geklagt. Die von der Bank verwendeten „Allgemeinen Batterie-Mietbedingungen“ sahen vor, dass die Bank als Vermieterin u.a. im Fall einer außerordentlichen Vertragsbeendigung durch Kündigung die Aufladefunktion der Batterie nach entsprechender Ankündigung sperren kann.
Verbraucherschutzverein rügt einseitige Mieterbenachteiligung
Der Kläger sieht in dieser Klausel eine unzulässige, einseitige Benachteiligung des Mieters, da die Klausel der Bank die Möglichkeit eingeräumt, den Mietern ohne gerichtliches Verfahren die Nutzung der Mietsache zu entziehen.
Klage über 3 Instanzen erfolgreich
Die Klage des Verbraucherschutzvereins war über 3 Instanzen erfolgreich. Die Vorinstanzen sahen in der möglichen Sperre der Aufladefunktion die Vereinbarung eines Rechtes der Bank, dem Mieter des Akkus den Besitz gegen seinen Willen zu entziehen bzw. seinen Besitz durch Entzug der Aufladeoption zu stören. Die Gerichte werteten dies als Ermächtigung zur Ausübung verbotener Eigenmacht gemäß § 858 BGB. Die Klausel sei daher rechtswidrig.
Anwendbarkeit der Vorschriften zur Besitzstörung fraglich
Der BGH zeigte sich von der Begründung der Vordergerichte zwar nicht völlig überzeugt, folgte diesen aber im Ergebnis. Auch nach Auffassung des Senats stellt der Fernzugriff auf eine vermietete Batterie eine Besitzstörung im Sinne des § 858 BGB dar. Das Gesetz räume Mitbesitzern untereinander aber keinen Besitzschutz in Fällen bloßer Besitzstörung ein, § 866 BGB. Die Rechtsfrage, ob die Bank im Falle der Vermietung einer Autobatterie Mitbesitzerin bleibt, ließ der BGH offen und begründete die Unzulässigkeit der Klausel auf andere Weise.
Einseitige Bevorzugung der Bankinteressen
Nach der Bewertung des BGH gewährt die streitgegenständliche AGB-Klausel der Bank das Recht, auf missbräuchliche Weise ihre wirtschaftlichen Interessen einseitig auf Kosten der Mieter durchzusetzen. Die Möglichkeit der jederzeitigen Sperre bedeute eine unangemessene Benachteiligung des Mieters als Verbraucher im Sinne des § 307 BGB. Im Streitfall könne der Mieter die weitere Gebrauchsüberlassung seines Fahrzeugs nur durch gerichtliche Geltendmachung erreichen, d.h., dass er in der Praxis im Zweifel über Wochen oder Monate kein Fahrzeug zur Verfügung hätte.
Unfaire Risikoverteilung
Mit der einseitigen Option der Sperrung der Auflademöglichkeit trage der Mieter im Falle einer Streitigkeit über die Berechtigung einer Kündigung oder eines Streits über eine berechtigte Mietminderung das alleinige Nutzungsrisiko. Der Vermieter könne jederzeit die Nutzung des Fahrzeugs per Fernzugriff sperren.
Vermieterrisiken schon im Gesetz angemessen berücksichtigt
Schließlich verweist der Senat auf das gesetzliche Leitbild der Miete. Diese sei unter anderem dadurch charakterisiert, dass der Vermieter nach Überlassung des Mietobjekts grundsätzlich das Risiko der Mietnutzung und damit auch der Abnutzung der Mietsache trägt. Das Gesetz gewähre ihm für den Fall einer unberechtigten Weiternutzung der Mietsache im Fall einer berechtigten Kündigung eine Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB. Darüber hinaus könne er sich gegen eine unberechtigte Nutzung durch die Vereinbarung einer Mietkaution absichern.
Sperrklausel verletzt gewichtige Mieterinteressen
Demgegenüber sei der Mieter bei Anwendung der beanstandeten Klausel dem Vermieter schutzlos ausgeliefert. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das betroffene Fahrzeug für den Mieter nicht nur für seine private Lebensgestaltung von wesentlicher Bedeutung sein kann, sondern der Mieter das Fahrzeug möglicherweise zur Ausübung seines Berufes benötigt. Da die Ausführung der Autobatterien in der Regel herstellergebunden sei, habe der Mieter auch keine zumutbare Möglichkeit, eine einmal gesperrte Batterie durch ein anderes Fabrikat zu ersetzen.
AGB-Klausel ist unwirksam
Im Ergebnis lässt sich die von der Beklagten verwendete Klausel daher nicht durch das Interesse der Bank an der Absicherung gegen eine mit der Abnutzung der Batterie nach Vertragsbeendigung möglicherweise entstehenden Schadens rechtfertigen. Die Klausel ist daher wegen einseitiger Benachteiligung des Mieters entgegen dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB unzulässig und damit unwirksam.
(BGH, Urteil v. 26.10.2022, XII ZR 89/21)
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