Handakte nicht rausgegeben - Anwalt muss Geldbuße zahlen

Nach der Beendigung eines Mandats muss der Anwalt die von ihm geführten Handakten herauszugeben, wenn der Mandant diese zur weiteren Verfolgung seiner Rechtsangelegenheiten benötigt und die dem Anwalt zustehende Vergütung entrichtet hat.

Das hat der Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden. Ein 45-jähriger Rechtsanwalt aus Neuss vertrat ein Ehepaar in drei gerichtlichen Verfahren. 2008 wechselte der Anwalt in eine Kanzlei nach Krefeld, seine Mandanten entrichteten die ihm zustehenden Gebühren und Auslagen. Außerdem beauftragten sie einen anderen Rechtsanwalt in Neuss mit der weiteren Verfolgung ihrer Rechtsangelegenheiten. Dieser forderte den angeschuldigten Anwalt von Juni 2008 bis September 2012 vergeblich auf, ihm die Mandanten-Handakten zur Weiterführung des Mandats herauszugeben.

Unbegründete Weigerungshaltung

Damit traf der Anwalt vor Geriicht auf wenig Verständnis:

  • Der Anwaltsgerichtshof bejahte neben der zivilrechtlichen auch eine berufsrechtliche Pflicht zur Herausgabe von Handakten.
  • Er hat deswegen den angeschuldigten Rechtsanwalt wegen Verletzung seiner berufsrechtlichen Pflichten mit einem Verweis belegt und zur Zahlung einer Geldbuße i.H.v. 2.000 Euro verurteilt.

Anlasslose Zurückhalten von Handakten ist gravierendes Fehlverhalten

Das anlasslose Zurückhalten von Handakten stelle, so der Anwaltsgerichtshof, ein gravierendes Fehlverhalten des angeschuldigten Rechtsanwalts dar.

  • Der Mandant übergebe dem Rechtsanwalt seine Unterlagen in dem Vertrauen, das sich der Rechtsanwalt für ihn einsetze und dabei rechtmäßig verhalte.
  • Werde das Mandat - aus welchen Gründen auch immer - vorzeitig beendet und verfolge der Mandant seine Rechtsangelegenheiten mit einem anderen Rechtsanwalt weiter, könne er mit Fug und Recht erwarten, dass er die seinem früheren Bevollmächtigten ausgehändigten Unterlagen zurückerhalte.

Honorar gezahlt

Sei sein früherer Bevollmächtigter hinsichtlich seiner Gebühren und Auslagen befriedigt, gebe es keinerlei Grund, der das Zurückhalten von Handakten rechtfertigen könne. Ein solches Verhalten sei dann mit der gewissenhaften Berufsausübung eines Rechtsanwalts unvereinbar und widerspreche im hohen Maße dem Vertrauen, welches der frühere Mandant in den zuerst beauftragten Rechtsanwalt gesetzt habe.

(Anwaltsgerichtshof NRW, Urteil v. 29.05.2015, 1 AGH 1/15).


Hintergrund: BGH zur Herausgabe der Handakte 

Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat er gem. § 50 Abs. 1 BRAO seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben.

Dabei fallen die Unterlagen, die dem Anwalt von seinem Auftraggeber ausgehändigt worden sind, unter die erste Alternative und der Schriftverkehr, den der Anwalt für seinen Auftraggeber geführt hat, unter die zweite Alternative des § 667 BGB. Aus der Geschäftsbesorgung erlangt ist daher insb. der gesamte drittgerichtete Schriftverkehr, den der Rechtsanwalt für den Auftraggeber erhalten und geführt hat, also sowohl die dem Rechtsanwalt zugegangenen Schriftstücke als auch Kopien eigener Schreiben des Rechtsanwalts. Die herauszugebenden Unterlagen umfassen auch Notizen über Besprechungen, die der Anwalt im Rahmen der Besorgung des Geschäfts geführt hat (BGH, Urt. v. 30.11.1989, III ZR 112/88, S. 265).

Ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich verpflichtet, seinem Mandanten auf Verlangen die gesamte Handakte herauszugeben. Soweit der Anwalt die Herausgabe mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen sonstiger Mandanten verweigert, hat er dies unter Angabe näherer Tatsachen nachvollziehbar darzulegen (BGH, Urteil v. 17.05.2018, IX ZR 243/17).

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