BGH lehnt Wiederzulassung straffällig gewordenen Rechtsanwalts ab

Justitia hat ein gutes Gedächtnis, auch wenn es sich um Gestrauchelte aus den eigenen Reihen handelt. 16 Jahre nach einem versuchten Prozessbetrug wurde der Antrag eines ehemaligen Anwalts auf Wiederzulassung durch alle Instanzen negativ beschieden. Allerdings hatte es der Ex-Übeltäter erneut mit der Wahrheit nicht genau genommen. Doch auch sonst ist der Rückweg nach Verfehlungen langwierig.

Der Fall betraf einen Rechtsanwalt, der vor 16 Jahren wegen versuchten Prozessbetrugs, falscher uneidlicher Aussage und Verleumdung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde. Der Jurist des Geburtsjahrgangs 1955 hatte damals über drei Jahre insgesamt zwölf Straftaten begangen.

Anwaltszulassung entzogen wurde nach Straftaten entzogen

Wegen dieser Taten war ihm seinerzeit die Anwaltszulassung entzogen worden. Seither arbeitete der als Assessor in einer Anwaltskanzlei. 1999, 2002 und 2007 wurden seine Anträge auf Wiederzulassung jeweils abschlägig beschieden.

Hallo! Beim Antrag auf Wiederzulassung wieder getrickst

Bei seinem 16 Jahre nach dem "Sündenfall" in  2013 gestellten Antrag auf Wiederzulassung

  • verneinte er die Frage „Sind gegen Sie strafgerichtliche Verurteilungen (§§ 4 bis 8 BZRG) verhängt worden?”,
  • versicherte aber  am Ende des Fragebogens die vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung der ihm gestellten Fragen.
  • Nachdem ihm die zuständige Rechtsanwaltskammer auf die Schliche gekommen war, wurde sein Wiederzulassungsantrag abschlägig beschieden.

Vor dem BGH auf Wiederzulassung geklagt

Gegen den abschlägigen Bescheid klagte der Assessor bis vor den BGH. Dort stieß er auf wenig Verständnis. 

  • Seine Einlassung, bei der unrichtigen Beantwortung nach Vorstrafen habe es sich um ein Versehen gehandelt, da er der Auffassung gewesen sei, die Frage meine „anderweitige” Verurteilungen, da ja die hier in Rede stehende Vorverurteilung Gegenstand des Verfahrens und damit bekannt war, hielt der BGH für nicht nachvollziehbar.
  • Die Fragestellung im Fragebogen  sei eindeutig gewesen und könne nicht in dem Sinn interpretiert werden, dass sie sich nur auf Verurteilungen beziehe, von denen der jeweilige Antragsteller meint, sie seien der Rechtsanwaltskammer unbekannt.

Dies musste dem Antragsteller als Volljurist auch klar sein, betonte das Gericht. Im Übrigen hatte der Antragsteller die Frage bei einem 2007 gestellten Wiederzulassungsantrag wahrheitsgemäß beantwortet. Insgesamt sah der BGH darin einen erheblichen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht. Der Antragsteller habe nur darauf spekuliert, dass der lange zurückliegende Vorgang möglicherweise bei der Rechtsanwaltskammer nicht mehr aktenkundig war.

They never come back?

Nach § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Bewerber ein Verhalten gezeigt hat, dass ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Umstände wie Zeitablauf und zwischenzeitliche Führung nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt. 

Keine feste Fristen - in der Regel 15 bis 20 Jahre Wartezeit

Bei gravierenden Straftaten mit Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts hält der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung einen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Wiederzulassung von in der Regel 15 bis 20 Jahren für erforderlich.

Bindende feste Fristen gibt es insoweit jedoch nicht. Deshalb hat der BGH vorliegend den Bewerber wegen des Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht bei der Wiederzulassung abblitzen lassen.

  • Die erst im Laufe des Klageverfahrens gezeigte Reue des Antragstellers sei geheuchelt und rein prozesstaktisch motiviert.
  • Zugleich habe er hinsichtlich seiner damaligen Verurteilung Vorwürfe gegen die Polizei und die Justiz erhoben. 
  • Diese Uneinsichtigkeit führe zu einer negativen Prognose hinsichtlich des künftigen Verhaltens des Bewerbers. 

Aus der Vergangenheit nichts gelernt

Unter Berücksichtigung aller Umstände kann deshalb nach Auffassung des BGH noch keine Rede davon sein, dass der Kläger würdig ist, als Rechtsanwalt zugelassen zu werden.

Hierbei machten die falschen Angaben des Klägers im Zusammenhang mit seinem aktuellen Zulassungsantrag deutlich, dass der Kläger aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht ausreichend gelernt habe und ihm - jedenfalls zur Zeit noch - die von einem Rechtsanwalt zu erwartende Einstellung zur Wahrheitspflicht fehle. Das Interesse des Klägers an einer (Wieder-)Eingliederung in den Anwaltsberuf habe noch keinen Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Integrität des Anwaltsstands und einer funktionierenden Rechtspflege.

(BGH, Beschluss vom 10.2.2015,  AnwZ (Brfg) 55/14).

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