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Wenn Eltern Unterhalt von ihren Kindern brauchen

... dann verstehen die Abkömmlinge oft die Welt nicht mehr. In der Praxis wird diese Unterhaltsvariante angesichts der sich auf den Kopf stellenden Alterspyramide immer mehr an Bedeutung gewinnen und auch die Gerichte beschäftigen.

Häufig sind es nicht einmal die Eltern, die an die Kinder wegen Unterhaltsansprüchen herantreten. Oft sind es die Sozialhilfeträger, die bedürftige Eltern - nicht selten die Pflegeheimkosten – finanzieren und sich dann bei den Kindern schadlos halten wollen. Hierbei ist zu beachten, dass eine Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern zwar grundsätzlich besteht, dies Verpflichtung aber teilweise anderen rechtlichen Grundsätzen folgt als sie sonst im Unterhaltsrecht - z.B. beim Ehegattenunterhalt - gelten.

Die Bedürftigkeit 

Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Voraussetzung ist gemäß § 1602 BGB die Bedürftigkeit des Anspruchstellers. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Unterhaltsansprüchen zwischen Ehegatten: Maßstab für den Unterhalt ist allein der Bedarf und damit die Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils.

Der Unterhaltsanspruch orientiert sich also nicht in erster Linie an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sondern an der konkreten Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten (BGH, Urteil v. 17.2.2010, XII ZR 140/08). Gemäß § 1610 Abs. 2 Satz 1 BGB umfasst der Bedarf sämtliche Kosten für die allgemeine Lebensführung, also Miete, Ernährung, Bekleidung, Beiträge für angemessene Versicherungen, usw.

Im Alter verändert sich häufig die finanzielle Grundausstattung

Für die Orientierung des Unterhaltsbedarfs an der aktuellen Lebenssituation kommt beim Elternunterhalt in der Praxis dem Eintritt in den Ruhestand eine wesentliche Bedeutung zu. Hierdurch ändert sich häufig die Lebenssituation der Eltern, das heißt, ihnen steht oft nicht mehr der gleiche finanzielle Spielraum zur Verfügung wie während der aktiven Berufstätigkeit. Dies bedeutet im Ergebnis, dass der Lebensbedarf sich durch diese finanziell reduzierte Lebenssituation stark ermäßigen kann bis hin zur Orientierung des Bedarfs an der Höhe der staatlichen Grundsicherung.

Wichtig: Der unterhaltsrechtlich zu Grunde zu legende Bedarf kann sich laut BGH an den staatlichen Sozialleistungen orientieren, muss es aber nicht. Im Einzelfall kann die sozialhilferechtliche Anerkennung über den notwendigen Bedarf hinausgehen, der Unterhaltsbedarf also niedriger liegen (BGH, Urteil v. 23.07.2003, XII ZR 339/00). Dies gilt in der Praxis vor allem bei staatlicher Zuerkennung von Pflegeleistungen.

Häufiges Problem: Kosten des Pflegeheims

Albtraum vieler Eltern und Kinder: Qualität und Kosten des Pflegeheims. Auch die Kosten des Pflegeheims orientieren sich an der Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten. Lebt dieser beispielsweise von der Grundsicherung, so ist nur die Unterbringung in einem einfachen und kostengünstigen Pflegeheim geschuldet, wobei die Unterbringung allerdings zumutbar sein muss (BGH, Urteil v. 21.11.2012, XII ZR 150/10).

Neben den Kosten für das Heim schuldet der Unterhaltsverpflichtete einen Barbetrag für den täglichen Bedarf (BGH, Urteil vom 25. 06. 2003, XII ZR 63/00).

Wichtig: Hält der Unterhaltsverpflichtete die konkrete Heimunterbringung für zu teuer, so muss er die Notwendigkeit der Unterbringung in diesem Heim substantiiert bestreiten. Sinnvoll ist es in diesem Fall, kostengünstigere Vergleichseinrichtungen zu präsentieren, wobei der BGH eine Differenz von knapp 100 EUR monatliche Unterbringungskosten als wesentlich angesehen hat (BGH, Urteil v. 21.11.2012, XII ZR 150/10).

Schlagworte zum Thema:  Elternunterhalt, Unterhalt, Verwirkung