Rentner muss Lottogewinn mit seiner beinahe Ex-Ehefrau teilen

Die Pflicht zum Teilen besteht immer dann, wenn zum Zeitpunkt des Lottogewinns der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten noch nicht zugestellt war. So hat es nun der BGH in einem spektakulären  Fall entschieden.

Schon im Jahr 2000 hatte der Rentner sich von seiner Ehefrau getrennt. Mehr aus Nachlässigkeit und aus Kostenersparnisgründen hatte er den Scheidungsantrag bis Ende 2008 nicht eingereicht. Inzwischen lebte er längst mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen. Im November 2008 erzielte er zusammen mit seiner neuen Lebensgefährtin einen Volltreffer im Lotto: Sechs Richtige. Insgesamt waren das 956.333,10 EUR.

Geld macht manchmal auch unglücklich

Mit dem Geldsegen kam der Ärger. Die getrennt lebende Frau verlangte von dem Rentner die Hälfte seines Anteils als Zugewinnausgleich. Zwei Monate nach dem Glückstreffer hatte der Rentner die Scheidung dann doch eingereicht. Zu spät, wie er schmerzhaft feststellen musste.

AG verurteilte den Rentner zur Zahlung

Das zunächst mit der Sache befasste Familiengericht sprach der Ehefrau den von ihr beantragten Zugewinnausgleich in Höhe von seiner 240.500 EUR zu. Das Gericht wies darauf hin, dass jeder vor Rechtshängigkeit der Scheidung erzielte Vermögenszuwachs nach dem Gesetz in den Zugewinnausgleich falle. Das Gesetz habe bewusst eine mathematisch starre Regelung geschaffen, von der es nur wenige Ausnahmen gebe, von denen hier aber keine gegeben sei. Der Rentner müsse daher den beantragten Zugewinnausgleich zahlen.

OLG hält das Zugewinnverlangen der Ehefrau für grob unbillig

Das sodann mit der Sache befasste OLG wies demgegenüber den Zugewinnausgleichsanspruch wegen grober Unbilligkeit ab. Nach Auffassung des OLG-Senats hatte der Rentner den Scheidungsantrag eher zufällig so lange nicht eingereicht. Die Ehe bestand nach Auffassung des Senats nur noch formal auf dem Papier.

Mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft sei schon lange vor dem Lottogewinn nicht mehr zu rechnen gewesen. Im übrigen habe der Lottogewinn auch keinerlei inneren Bezug zur Ehe gehabt, sondern stelle einen rein zufälligen Vermögenszuwachs dar, an dem die Ehefrau keinerlei Anteil habe. Aus diesem Grunde sei es grob unbillig, ihr nach so langer Trennungszeit die Hälfte des Lottogewinns als Zugewinn zuzusprechen.

Gesetzgeber hat bewusst eine formale Stichtagsregelung gewählt

Der in der Revision der Sache befasste BGH hob die formale Rechtslage und den darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers hervor. Nach Auffassung des BGH hatte das AG zutreffend auf die Stichtagsregelung des §1384 BGB abgestellt. Erst mit dem formalen Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages sehe der Gesetzgeber keinen Grund mehr für die Anrechnung von Vermögenszuwächsen des jeweiligen Ehepartners auf den Zugewinnanspruch des anderen. Diese formale Zurechnung habe ihren Sinn darin, dass eine Ehe keine rein formale Rechtsposition darstelle, solange keiner der Ehepartner die Scheidung formell beantragt habe.

Keine analoge Anwendung der Ausnahmetatbestände

Nach Auffassung des BGH sind die wenigen Ausnahmetatbestände auf den vorliegenden Fall nicht entsprechend anzuwenden. § 1374 Abs. 2 BGB mache eine Ausnahme von der Anrechnung von Vermögenszuwächsen auf den Zugewinn lediglich für die Fälle der Erbschaft, der Schenkung oder der Ausstattung. Der Grund liege darin, dass in diesen Fällen eine besondere persönliche Beziehung zwischen dem Erwerber des Vermögenszuwachses und dem Zuwendenden liege, die es nahe lege, dass nach dem Willen des Zuwenders der Vermögenszuwachs alleine dem Bedachten zugute kommen solle. Eine diesen Gründen ähnliche Beziehungslage sei bei einem Lottogewinn nicht erkennbar. 

Fehlender Bezug zur Ehe spielt keine Rolle

Nach Auffassung des BGH ist es auch völlig unerheblich, dass ein Lottogewinn rein zufällig entsteht und zur Ehe keinen inneren Bezug aufweist. Würde man Vermögenszuwächse auf diese inneren Gründe untersuchen, so würde nach Auffassung der Richter wiederum die Stichtagsregelung des § 1384 BGB in unzulässiger Weise ausgehebelt. Dies habe der BGH auch bereits in früheren Entscheidungen so gesehen (BGH, Urteil v. 22.12.1976, IV ZR 11/76)

Keine grobe Unbilligkeit

Schließlich erkannte der BGH auch in der Zuerkennung des Zugewinnanspruches keine grobe Unbilligkeit gemäß §1381 BGB. Acht Jahre Trennungszeit seien nicht so ungewöhnlich, dass ein hiernach geltend gemachter Zugewinnanspruch als unangemessen angesehen werden müsse. Auch insoweit bestehe das Problem, dass ein Aushebeln der Stichtagslösung eine zeitlich sinnvolle Grenze unmöglich mache. Der Gesetzgeber habe die Stichtagsregelung bewusst nicht an die Dauer des Getrenntlebens angeknüpft. Eine Anknüpfung an die Dauer der Trennungszeit sei eine Gesetzesauslegung contra legem. Der BGH gab daher dem erstinstanzlichen Familienrichter Recht und stellte die Entscheidung des Amtsgerichts wieder her. Der Rentner muss nun wohl oder übel die Hälfte seines Lottogewinns an seine Ex abgeben.

(BGH, Urteil v. 16.10.2013, XII ZR 277/12). 

Schlagworte zum Thema:  Zugewinnausgleich, Schenkung