Kindeswille ist nicht ausschlaggebend für Änderung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
Nach der Trennung der Eltern übertrug das Familiengericht im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die drei vier bzw. fünf Jahre alten Kinder der Mutter im Residenzmodell.
- Zwei Jahre später beantragte der Vater, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Die Kinder selbst teilten im Rahmen der Anhörung mit, dass sie bei ihrem Vater leben wollten.
- Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens wies das Gericht den Antrag jedoch zurück.
- Auch der hilfsweise gestellte Antrag, die Anordnung des sog. paritätischen Wechselmodells (wöchentlicher Wechsel zwischen den getrennten Eltern), wurde abgelehnt → Was ist beim Wechselmodell zu beachten?.
Vielmehr ordnete das Gericht einen „ausgedehnten Umgang“ mit den Kindern an, bei welchem sich die Kinder regelmäßig alle 14 Tage ab Donnerstag 17 Uhr bis zum Schulbeginn am Montag bei dem Vater aufhalten sollten.
Umgangsentscheidung nur ausnahmsweise abändern
Der Kindsvater legte gegen diese Entscheidung erfolglos Beschwerde ein. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts würden „keine triftigen, das Wohl der betroffenen Kinder nachhaltig berührenden Gründe i.S.d. § 1696 Abs. 1 BGB vorliegen, welche für die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells sprächen. Die gesetzliche Regelung soll sicherstellen, dass
„bereits getroffene gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen der Abänderung unterliegen, um dem Prognosecharakter jeder Kindeswohl orientierten Entscheidung einerseits und der Verbindlichkeit gerichtlicher Entscheidungen andererseits Rechnung zu tragen.“
Vorliegend lagen nach Ansicht des OLG die Voraussetzungen für eine Abänderung nicht vor: Zwar hätten die Kinder mehrfach geäußert, bei ihrem Vater leben zu wollen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei jedoch davon auszugehen, dass der Wille der Kinder nicht autonom gebildet worden sei. Vielmehr zeige der Vater „starke Beeinflussungs- bzw. Instrumentalisierungstendenzen. Darüber hinaus würden die Kinder die Vorzüge des Wohnens (Haus, Garten, Spielmöglichkeiten, Haustier) mit einem Lebensmittelpunkt beim Vater verbinden.
Kindeswille entspricht nicht immer dem Kindeswohl
Bei der Ermittlung des Kindeswohls ist der Kindeswille nur einer von mehreren Gesichtspunkten. Es müsse daher der vom Kind geäußerte Wille mit seinem Wohl überprüft werden, betonte das OLG. Hierzu zählten weitere Kriterien wie
- die Erziehungseignung der Eltern,
- die Bindungen des Kindes an die Eltern,
- die Bindungstoleranz,
- die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität.
Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass ein nachdrücklich und beständig geäußerter Kindeswille in der Regel ein höheres Gewicht als ein schwankender unentschlossener Wille habe. Zudem komme dem Kindeswillen, welcher zudem als Mindestanforderung autonom sein müsse, mit zunehmenden Alter und Einsichtsfähigkeit eine höhere Bedeutung zu. Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde ist derzeit noch beim BGH (Az. X II ZB 512/18) anhängig.
(OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.01.2018, 1 UF 74/18).
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Hintergrund
Was sind die Voraussetzungen für die Anordnung eines Wechselmodells?
- wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.
- Hierbei ist zu berücksichtigen, dass beim Wechselmodell gegenüber herkömmlichen Umgangsmodellen höhere Anforderungen an die Eltern und an das Kind gestellt werden.
- Immerhin muss das Kind bei doppelter Residenz ständig zwischen zwei Haushalten pendeln und sich auf zwei Lebensumgebungen einstellen.
- Außerdem setzt das Wechselmodell eine grundsätzliche Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus.
Die Anordnung des Wechselmodells zu dem Zweck, diese Voraussetzungen erst herbeizuführen, entspreche dem Kindeswohl in der Regel nicht. Deshalb dient nach Auffassung des BGH das Wechselmodell nur dann dem Kindeswohl, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht (BGH, Beschluss v. 1.2.2017, XII ZB 601715).
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Ein Irrsinn, was hier veranstaltet wird, mutmaßlich Hunderte Seiten Papier sinnlos beschrieben, und Tausende Stunden an Kapazitäten sinnlos vergeudet, von den vielen tausend Euro, die das Ganze den Vater und den Staat gekosten haben dürfte, ganz zu schweigen. Und das alles nur weil der Vater nix weiter will, als ein gleichwertiges Elternteil für seine Kinder sein zu dürfen, und die Kinder ebensoviel Zeit mit ihm und der Mutter verbringen wollen.
Der BGH (und auch die niederen Gerichte) sollten sich mal vor Augen führen, dass es hier um Kinder geht, deren Leben man nicht mit juristischem Kauderwelsch regeln kann. Allein der BGH-Beschluss umfasst 16 Seiten! Diese Richter sollten verpflichtet werden ihren Beschluss mal den Kindern zu erklären, und ihnen erklären, warum es besser für sie ist, dass sie ihren Vater quantitativ nicht genauso lieben dürfen wie ihre Mutter. Das Stottern würde ich gern miterleben wollen.
Und dann werden von angeblich hochintelligenten Menschen auch noch so Sinnlosargumente wie mangelnde Bindungstoleranz dem Vater unterstellt: "Seine Reaktionen und Aktionen im Rahmen der Übergabesituationen zei-gen die Schwierigkeit des Kindesvaters, sich von den Kindern zu lösen und die-
se jeweils der Mutter zu übergeben." (Rz. 26)
Es ist doch kein Wunder, wenn er seine Kinder dann fast 14 Tage nicht mehr sehen kann, dass ihm und den Kindern das nicht leicht fällt. Die mangelnde Bindungstoleranz ist eher bei der Mutter zu suchen und zu finden, wenn sie die Kinder hauptsächlich für sich haben will, und dem Vater keine gleichwertige Elternrolle zugesteht.
Ich hab das alles auch durch, mit BVerfG und EGMR, ich weiß also wovon ich rede.
Wann wird dieses Land endlich vernünftig und begreift, dass jedes Kind von Natur aus beide Elternteile gleichermaßen liebt, auch wenn sie sich trennen. Das paritätische WM muss endlich im Gesetz als Grundlage für Umgangsvereinbarungen verankert werden. Das wäre mit einem einzigen Wort sofort erledigt, nämlich: "gleichwertigen". §1684 I BGB würden dann lauten:
"Das Kind hat das Recht auf (gleichwertigen) Umgang mit jedem Elternteil; ..."
In anderen Ländern unseres Kulturkreises geht sowas doch auch, und zwar überaus erfolgreich. Bei uns scheitert das schon seit Jahrzehnten an der starken Mütterlobby, die aber, wie der Name schon sagt, mehr die Interessen von Müttern vertreten, als von Kindern.