Gemeinsames Sorgerecht: gesetzliches Leitbild

Mütter müssen nachweisen, dass die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts mit ihrem Ex-Lebensgefährten dem Kindeswohl widerspricht. Zeigen sie sich selbst unkooperativ, ist dieser Nachweis schwer zu führen. 

Gesetzliche Vermutung: Gemeinsames Sorgerecht entspricht dem Kindeswohl

Seit Mai 2013 ist es für ledige Väter einfacher geworden, ein gemeinsames Sorgerecht für ihre Kinder durchzusetzen. Nach dem neuen § 1626a BGB überträgt das Familiengericht auf Antrag des Vaters die elterliche Sorge oder einen Teil derselben beiden Eltern – auch gegen den Willen der Mutter – gemeinsam, wenn und soweit es dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Diese negative Kindeswohlprüfung, die davon ausgeht, dass ein gemeinsames Sorgerecht grundsätzlich dem Kindeswohl entspricht, hat die positive Feststellung nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts abgelöst. Damals sprachen die Gerichte die gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateten Eltern nur zu, sofern dies dem Wohl des Kindes am besten diente.

Beweislast liegt bei der Mutter

Mit der Gesetzesänderung hat sich auch die Beweislast verändert: Ist die Mutter der Ansicht, dass die gemeinsame Sorge nicht dem Kindeswohl dient, muss sie dies nachweisen können, um die gesetzliche Vermutung des Gegenteils zu entkräften. Schmettert sie selbst alle Versuch des Vaters ab, das Verhältnis zwischen den Ex-Partnern zu verbessern, hat sie für einen solchen Nachweis schlechte Karten.  

Welche Auswirkungen die neue Rechtslage haben kann, zeigt ein aktueller Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 13. Oktober 2015 (6 F 567/15). Ein lediger Vater hatte das gemeinsame Sorgerecht beantragt. Die Mutter war dagegen. Sie berief sich darauf, dass die Kommunikation zwischen ihr und dem Vater des Kindes nachhaltig gestört und damit eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts unmöglich sei. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie selbst ohne nachvollziehbare Gründe alle Versuche des Vaters und Außenstehender abgeschmettert hatte, das Verhältnis zu verbessern.

Das Gericht sprach dem Vater das gemeinsame Sorgerecht zu. Es sah keinen Grund, ihm dieses nicht einzuräumen, da er im Gegensatz zur Mutter bereit war, an der Verbesserung der Kommunikation mitzuwirken und im Übrigen keine erheblichen inhaltlichen Differenzen der Eltern über Angelegenheiten des gemeinsamen Sorgerechts ersichtlich waren.

(Amtsgericht Bernau, Beschluss vom 13. Oktober 2015, Az.: 6 F 567/15)

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