Leitsatz

Kreditgewährungen an Gesellschafter, die nicht aus Rücklagen oder Gewinnvorträgen, sondern zu Lasten des gebundenen Vermögens der GmbH erfolgen, sind auch dann grundsätzlich als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen zu bewerten, wenn der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter im Einzelfall vollwertig sein sollte.

 

Sachverhalt

Am Stammkapital der GmbH in Höhe von 50000 DM war der Beklagte zu 1 mit einem Geschäftsanteil von 45000 DM beteiligt, während der Beklagte zu 2 einen Geschäftsanteil von 5000 DM hielt. Die Beklagte zu 3, die Ehefrau des Beklagten zu 1, war vom 15.2.1993 bis 2.3.1995 neben ihrem Ehemann alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der GmbH. Sie hielt auch treuhänderisch dessen Gesellschaftsanteile. Im Zeitraum vom 11.10. bis 9.11.1994 räumte die GmbH dem Beklagten zu 1 zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 850000 DM ein. Dem Beklagten zu 2 gewährte sie am 11.10.1994 ein Darlehen über 150000 DM. Über das Vermögen der GmbH wurde am 4.3.1997 das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Die Vorinstanzen hatten die Beklagten zu 1 und 2 zur Rückzahlung der Darlehen verurteilt, die Klage gegen die Beklagte zu 3 auf Schadensersatz aber abgewiesen. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung zurück.

 

Entscheidung

Die Beklagte zu 3 ist nach Auffassung des BGH wegen der Darlehen grundsätzlich zur Schadensersatzzahlung an den klagenden Insolvenzverwalter verpflichtet.

Für das an den Mitgeschäftsführer geflossene Darlehen folgt dies unmittelbar aus § 43a GmbHG. Nach dieser Bestimmung ist jede Kreditvergabe aus gebundenem Vermögen an Geschäftsführer und ihnen gleichgestellte Personen "uneingeschränkt" verboten[1]. Das Verbot gilt unabhängig von der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs. Es erstreckt sich damit ohne weiteres auch auf Kredite, die einem kreditwürdigen, solventen Geschäftsführer gewährt oder anderweitig ausreichend besichert werden.

Diese Bestimmung kann jedoch nicht analog auf Gesellschafter übertragen werden, weil der Gesetzgeber die Einbeziehung dieses Personenkreises in den Tatbestand der Vorschrift ausdrücklich abgelehnt hat[2]. Aus diesem Grund ergibt sich wegen der Darlehensvergabe an den Beklagten zu 1 kein Ersatzanspruch aus § 43a GmbHG. Dieser folgt jedoch aus § 30 GmbHG. Aufgrund des Treuhandverhältnisses mit der Beklagten zu 3 ist der Beklagte zu 1 selbst als mittelbarer Gesellschafter der GmbH zu behandeln. Als solcher haftet er wie ein Gesellschafter für die Rückzahlung von Geldern, die ihm entgegen dem Verbot des § 30 GmbHG zugeflossen sind. Kreditgewährungen an Gesellschafter, die nicht aus Rücklagen oder Gewinnvorträgen, sondern zu Lasten des gebundenen Vermögens der Gesellschaft bestritten werden, sind nämlich auch dann grundsätzlich als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen im Sinne von § 30 GmbHG zu bewerten, wenn der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter vollwertig sein sollte.

§ 30 GmbHG verbietet zwar lediglich, das in der Satzung festgelegte Gesellschaftsvermögen zugunsten eines Gesellschafters anzutasten. Die Gewährung eines Darlehens ist im Falle eines vollwertigen Rückzahlungsanspruchs als bloßer Aktivtausch bilanzrechtlich neutral. Mangels einer bilanziellen Vermögensminderung ist die Hingabe eines Darlehens deshalb mit § 30 GmbHG vereinbar, sofern das Darlehen angemessen verzinst und der Darlehensnehmer auf Dauer solvent und kreditwürdig, der Rückzahlungsanspruch also vollwertig ist[3].

Nach Sinn und Zweck des § 30 GmbHG soll das Vermögen der Gesellschaft bis zur Höhe des Stammkapitals dem Zugriff der Gesellschafter entzogen werden, um so ein Mindestbetriebsvermögen zu sichern. Mit diesem Ziel wäre es nicht vereinbar, wenn die Gesellschafter der GmbH zu Lasten des gebundenen Gesellschaftsvermögens Kapital entziehen könnten und der GmbH im Austausch für die Vermögensminderung nur ein Rückzahlungsanspruch verbliebe. Da dem Kapitalabfluss eine nur rechnerische und nicht sofort realisierbare Forderung gegenübersteht, ist schon aus diesen Gründen auch die Gewährung eines ordnungsgemäß verzinsten Darlehens an einen kreditwürdigen Gesellschafter mit § 30 GmbHG nicht zu vereinbaren[4].

Ausdrücklich offen lässt das Gericht im Übrigen die Frage, ob die Gewährung eines Darlehens aus gebundenem Vermögen ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn die Darlehensvergabe im Interesse der Gesellschaft liegt, die Darlehensbedingungen dem Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe außerhalb jedes vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung des Darlehens durch werthaltige Sicherheiten voll gewährleistet ist. Hierfür lagen im Streitfall keine Anhaltspunkte vor.

 

Praxishinweis

Entgegen dem Verbot des § 30 GmbHG geleistete Zahlungen müssen der Gesellschaft erstattet werden. Der Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG wird mit seinem Entstehen sofort fällig[5] und kann dem Gesellschafter nicht erlassen werden[6]. ...

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