Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob ein privilegierter Erwerb i.S.v. § 1374 Abs. 2 BGB vorliegt, wenn Eltern ihrer Tochter einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück ohne ausdrückliche Gegenleistung übertragen haben.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten am 21.1.1994 geheiratet. Im Jahre 1992 war der gemeinsame Sohn geboren worden. Die Trennung der Eheleute erfolgte im Jahre 2001. Der Scheidungsantrag war der Ehefrau am 11.9.2002 zugestellt worden.

Der Ehemann machte einen Anspruch auf Zugewinnausgleich im Scheidungsverbundverfahren geltend.

Die Ehefrau war Miteigentümerin eines Grundstücks zu einem Anteil von 1/3. Ihre Eltern hatten dieses Grundstück durch notariellen Kaufvertrag vom 24.6.1993 erworben. Durch notariellen Vertrag vom 26.9.2000 übertrugen sie einen Miteigentumsanteil von 1/3 auf ihre Tochter. Dieser Vertrag enthielt unter dem Passus "Gegenleistungen und sonstige Vereinbarungen", dass der Veräußerer anerkenne, dass der Erwerber auf eigene Kosten den Seitenflügel um- und ausgebaut und dabei einen Betrag von ca. 50.000,00 DM aus eigenen Mitteln in den Grundbesitz investiert hatte. Eine weitere Gegenleistung habe der Erwerber nicht zu erbringen. Der Veräußerer behalte sich auch keine Rechte an dem übertragenen Grundbesitz vor.

Der Ehemann hat im Scheidungsverbundverfahren in erster Instanz Zahlung eines Zugewinnausgleichs i.H.v. 12.465,76 EUR zuzüglich Zinsen verlangt.

Das FamG hat die Ehefrau zur Zahlung von 11.932,84 EUR verurteilt und den Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit der Berufung, die in der Sache erfolgreich war.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, dem Ehemann stehe ein Anspruch auf Zugewinnausgleich gemäß § 1378 Abs. 1 BGB nicht zu. Das Anfangsvermögen der Ehefrau betrage nicht lediglich - wie vom AG angenommen - 501,24 EUR, sondern 26.410,91 EUR. Das erstinstanzliche Gericht habe bei ihr als Anfangsvermögen lediglich ein Kontoguthaben berücksichtigt, obgleich ihrem Anfangsvermögen als sog. privilegierter Erwerb gemäß § 1374 Abs. 2 BGB ihr Miteigentumsanteil von 1/3 an dem Grundstück zuzurechnen sei.

Der Ehefrau sei der Miteigentumsanteil an dem Grundstück von ihren Eltern unentgeltlich zugewandt worden. Entgegen der Auffassung des FamG könne trotz des Hinweises auf Investitionen in den Grundbesitz von ca. 50.000,00 DM von einer Gegenleistung der Ehefrau nicht ausgegangen werden. Von dem Erlass eines Anspruchs, den sie in Bezug auf die Investition haben könnte, sei nicht auszugehen. Auch eine anderweitige Verknüpfung der Leistung der Eltern mit einer Gegenleistung sei nicht gegeben.

Da der Miteigentumsanteil an dem Grundstück ohne Gegenleistung auf die Ehefrau übertragen worden sei, handele es sich um sog. privilegierten Erwerb, der nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen sei. Allerdings sei auch insoweit mit Rücksicht auf den Kaufkraftschwund eine Indexierung vorzunehmen. Hierbei sei ein vom ursprünglichen Anfangsvermögen abweichender Bewertungszeitpunkt zu beachten. Nach § 1376 Abs. 1 BGB sei der Wert im Zeitpunkt des Erwerbs zugrunde zu legen.

Letztendlich übersteige der Zugewinn des Ehemannes denjenigen der Ehefrau, so dass ein Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes nicht gegeben sei.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 06.05.2008, 10 UF 197/07

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