Interessant ist die bußgeldrechtliche Haftung bei Fahrzeugmängeln oder Ladungsverstößen, die i.d.R. parallel gegen den Fahrzeugführer und den Halter geführt werden. Auf Halterseite muss sich der Betroffene gegen den Vorwurf der Anordnung oder Zulassung der Inbetriebnahme eines nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugs verteidigen (§§ 69a Abs. 5 Nr. 3, 31 Abs. 2 StVZO). Auch der Fahrer begeht eine Ordnungswidrigkeit, ihm würde zum Vorwurf gemacht werden, zumindest eine Abfahrtskontrolle unterlassen zu haben und damit fahrlässig ein Fahrzeug mit Mängeln im Straßenverkehr geführt zu haben (§ 23 StVO).

Wenn nun der "Chef" höchstpersönlich in kleineren Speditionen unterwegs war, und damit Halter und Fahrer in einer Person war, fragt sich, wen die Bußgeldstelle in Anspruch nehmen darf. Die Bußgeldstelle pickte sich in einem Fall den Halter heraus und übersah dabei offenbar, dass die Fahrerhaftung vorrangig ist. Die Verletzung der Bestimmungen über die Verantwortlichkeit als Fahrzeugführer geht der Verletzung der Bestimmungen über die Verantwortlichkeit als Halter vor.[28] § 23 StVO geht dem § 31 StVZO vor.[29] Bußgelderhöhend kann aber gewertet werden, dass der Täter nicht bloß als Kraftfahrer, sondern auch als Fahrzeughalter pflichtwidrig gehandelt hat, dies kann im Ordnungswidrigkeitenverfahren zu einer höheren als der Regelbuße führen.[30]

Der Halter hat in solchem Falle nicht nur die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme des überladenen Fahrzeugs geschaffen, sondern dieses auch im Verkehr selbst geführt. Der Mangel im Bußgeldbescheid, der nur dem Halter eine Verfehlung vorwirft, kann nicht mehr geheilt werden, da der Vorwurf gegen den Halter woanders anknüpft als eine Verfehlung durch den Fahrer. Während der Halter gegen seine Kontroll- und Überwachungspflichten verstößt, wird dem Fahrer vorgeworfen, das Fahrzeug mit Mängeln im Straßenverkehr geführt zu haben. Es handelt sich um eine andere Tat im verfahrensrechtlichen Sinne, es liegt nicht nur ein Lebensvorgang und ein geschichtliches Ereignis vor. Die Erteilung eines rechtlichen Hinweises gem. § 265 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG, dass auch eine Verurteilung wegen einer Verfehlung durch den Fahrer in Betracht kommt, scheidet daher aus. Der Richter darf im Ordnungswidrigkeitsverfahren auf den Einspruch des Betroffenen hin in der Hauptverhandlung nur die im Bußgeldbescheid bezeichnete Tat im prozessualen Sinne unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten als Straftat und als Ordnungswidrigkeit zu prüfen und über sie entscheiden.[31]

[28] OLG Hamm NJW 1974, 2100; OLG Koblenz VRS 63, 150; OLG Düsseldorf VM 1973, 64; OLG Hamm VRS 63, 150.
[29] Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 31 StVZO, Rn 18.
[30] OLG Hamm NJW 1974, 2100.
[31] OLG Köln NJW 1970, 211.

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