" … Der Kl. steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu."

a) Die Bekl. haftet der Kl. wegen Pflichtverletzung des Versicherungsvertrags aus § 280 Abs. 1 BGB. Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Das gilt uneingeschränkt auch für Rechtsschutzversicherungsverträge. Daher haftet ein Rechtsschutzversicherer, der schuldhaft die vertraglich zugesicherte Deckungszusage verweigert, dem Versicherten aus positiver Vertragsverletzung bzw. nunmehr Pflichtverletzung des Versicherungsvertrags (vgl. BGH VersR 2006, 830).

Nichts anderes, vielmehr erst recht das gleiche, hat zu gelten, wenn der VR wie hier die anfänglich erklärte Deckungszusage schuldhaft unberechtigt wieder zurücknimmt. Aus diesem Grunde stellt auch die Bekl. die Vertragswidrigkeit der von ihr erklärten Rücknahme nicht in Abrede. Ihr Vertretenmüssen wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Einer besonderen Leistungsaufforderung gem. § 281 S. 1 BGB bedurfte es angesichts der eindeutigen Leistungsablehnung im Schreiben der Bekl. vom 8.9.2016 gem. § 281 Abs. 2 BGB nicht.

b) In der Rechtsfolge hat die Bekl. der Kl. den dieser entstandenen Schaden zu ersetzen.

aa) Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind als notwendige Rechtsverfolgungskosten Teil des gem. § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schadens. Denn die vertragsbrüchige Partei hat dem geschädigten Vertragspartner auch all diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die bei der gegebenen Sachlage zur Schadensabwendung vernünftig und zweckmäßig schienen. Das beinhaltet grds. auch die dem geschädigten Vertragspartner bei der Schadensbeseitigung entstandenen Rechtsanwaltskosten (vgl. nur BGH NJW 1986, 2243).

bb) Die Kl. durfte ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung beauftragen.

Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten ist nach dem Erwähnten, dass der Geschädigte die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte. Daran kann es in einfach gelagerten Sachverhalten fehlen, in denen es ihm zuzumuten ist, seinen Anspruch zunächst selbst geltend zu machen. Das wird etwa angenommen für die Einholung einer Deckungszusage seitens der Rechtsschutzversicherung durch den Geschädigten, wenn ein anwaltlich gefertigter Klageentwurf bereits vorliegt. Entsprechendes gilt, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen. Anders ist dies dagegen, wenn sich der zur Leistung Verpflichtete selbst bei eindeutiger Rechtslage hierzu nicht bereit erklärt. Entsprechendes gilt, wenn der Geschädigte aus besonderen Gründen wie dem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, seinen Anspruch selbst zu verfolgen (vgl. Oetker, in: MüKo zum BGB, § 249 BGB Rn 181).

Nach diesen Maßstäben konnte die Kl. die Einschaltung eines Anwalts für erforderlich halten. Die Bekl. hat die Leistung nach ihrer vorherigen Zusage mit der Begründung verweigert, eine nochmalige – offenbar auch rechtliche – Prüfung habe die Unbegründetheit des Anspruchs ergeben. Sie hat also gerade nicht ihre Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt. Auch war der Kl. in diesem Stadium nicht mehr zuzumuten, sich allein in eine auch rechtliche Auseinandersetzung mit dem VR zu begeben. Die Zurücknahme der zunächst erteilten Deckungszusage zeigt gerade, dass es sich nicht um einen “einfach gelagerten Sachverhalt‘ handelt.

cc) Die Einschaltung der Anwälte löste die nun geltend gemachten Kosten aus.

Insb. war ihr Tätigwerden entgegen der Auffassung der Bekl. nach der Rücknahme der Deckungszusage nicht von ihrem ursprünglichen Auftrag auf Einholung der Deckungszusage umfasst und damit nach § 15 RVG nicht gesondert zu vergüten. Denn es handelt sich um zwei verschiedene Angelegenheiten im Sinne dieser Norm.

Das Gesetz definiert den von ihm verwendeten gebührenrechtlichen Begriff der “Angelegenheit‘ nicht, setzt ihn vielmehr voraus, um verschiedene anwaltliche Tätigkeitsbereiche von der Erteilung des Auftrags bis zu dessen Erledigung voneinander abzugrenzen. Nach der Rspr. des BGH ist Gegenstand einer Angelegenheit das Recht oder das Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts aufgrund des Auftrags bezieht. Ob eine Angelegenheit einen oder mehrere Gegenstände betrifft, bestimmt sich dabei nach objektiven Maßstäben (BGH NJW 1995, 1431). Entsprechend erachtet die Kommentarliteratur für maßgebend, ob die anwaltliche Tätigkeit aufgrund eines einheitlichen Auftrages erfolgte, sich im gleichen Rahmen hielt, ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Handlungen und/oder Gegenständen bestand, und diese in der Zielsetzung übereinstimmten (vgl. Mayer/Kroiß, RVG § 15 Rn 4). Ein neuer Auftrag leitet daher grds. eine neue Angelegenheit ein. Bei einer zeitlichen Aufeinanderfolge mehrerer Aufträge beda...

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