" … Die zulässige als sofortige Beschwerde statthafte Beschwerde des Kl. gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe führt in der Sache zur Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens an das erstinstanzlich zuständige LG H."

1. Das LG hat dem Kl. zu Recht keine Prozesskostenhilfe gewährt, weil die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage mangels örtlicher Zuständigkeit nicht gegeben ist.

Die Bekl. hat ihren Sitz i.S.d. § 17 Abs. 1 ZPO nicht im Bezirk des LG E, sondern in H.

Eine Zuständigkeit nach § 215 Abs. 1 ZPO hat das LG zu Recht verneint.

Zwar schließt § 215 Abs. 1 VVG n.F. nach seinem Wortlaut die Annahme einer örtlichen Zuständigkeit am Wohnsitz des VN für Klagen Dritter nicht aus. Jedoch ist die Vorschrift nach ihrem Sinne und Zweck nicht auf Klagen des Insolvenzverwalters über das Vermögen des VN anzuwenden. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die vom Kl. erstrebte direkte Anwendung des § 215 Abs. 1 VVG mit der Eröffnung eines Gerichtsstands am Wohnort des VN als auch für eine denkbare analoge Anwendung der Norm und einen Wahlgerichtsstand am Sitz des Insolvenzverwalters.

Nach der Gesetzesbegründung sollten nach § 215 VVG die Unsicherheiten ausgeräumt werden, die bei Klageerhebung nach § 48 VVG a.F. (Gerichtsstand der Agentur) für den VN auftraten und die sich über § 29c ZPO nicht umgehen ließen, weil dessen Anwendbarkeit auf Versicherungsverträge nicht eindeutig sei (BT-Drucks 16/3945, S. 848). Aus dieser (auch) verbraucherschützenden Intention von § 215 VVG lässt sich zwar darauf schließen, dass auch für Versicherte und Bezugsberechtigte sowie für Personen, die in die Vertragsstellung des VN nachfolgen, eine Wohnsitzzuständigkeit in analoger Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG gegeben ist, weil sie wie der VN in einer vertraglichen Sonderbeziehung zum VR stehen und dabei eine potentiell unterlegene Position innehaben (Römer/Langheid, VVG, 3. Aufl. 2012, § 215 Rn 3; Prölss/Martin/Klimke, VVG, 28. Aufl. 2010, § 215 Rn 13 ff., 17 ff.).

Für den Insolvenzverwalter gilt dies nicht. Gerade weil er nicht eigene Rechte aus einer vertraglichen Sonderbeziehung zum VR geltend macht, sondern für eine fremde Vermögensmasse tätig wird, fehlt es an seiner persönlichen Schutzbedürftigkeit und damit an einer dem VN vergleichbaren Interessenlage. Insoweit ist der Insolvenzverwalter auch nicht mit Grundpfandgläubigern oder Zessionaren zu vergleichen, die (zumindest zeitweise) eigene Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen und nach der Konzeption des VVG (in §§ 94, 142149 VVG) in Teilbereichen ebenso schutzwürdig sein könnten wie der VN (str., vgl. dazu MüKo/Looschelders, VVG 2011, § 215 Rn 25; Looschelders/Pohlmann/Wolf, VVG, 2. Aufl. 2011, § 215 Rn 6). Das Interesse des Insolvenzverwalters an der Durchführung des Rechtsstreits am Wohnort des VN bzw. – in entsprechender Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG – am Ort der eigenen Niederlassung ist von reinen Praktikabilitätserwägungen getragen und rührt nicht daher, dass er persönlich in einer Sonderverbindung zum VR steht und dabei eine potentiell unterlegene Position innehat. Die Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG ist damit nicht gerechtfertigt (ebenso zum Zessionar und Pfandgläubiger Prölss/Martin/Klimke, a.a.O., Rn 21, 22; Bruck/Möller/Brand, VVG, 9. Aufl. 2012, § 215 Rn 19).

Zu Recht hat sich das LG E auch durch den Verweisungsbeschluss des LG D nicht gehindert gesehen, das Prozesskostenhilfegesuch zurückzuweisen. Zwar entfaltet die Verweisung entsprechend § 281 ZPO für das Empfangsgericht eine Bindungswirkung für das Prozesskostenhilfeverfahren, die es ihm verwehrt, das Verfahren wieder zurückzuverweisen (BGH NJW-RR 1992, 578, juris Rn 5 m.w.N.; BGH NJW-RR 1991, 1342, juris Rn 5). Allerdings darf es den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückweisen, dass ihm die Zuständigkeit für den beabsichtigten Rechtsstreit fehle (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 114, Rn 22a). … “

zfs 4/2014, S. 212

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