Der Entscheidung ist zuzustimmen.

I. Anfall der Verfahrensgebühr

1. Verfahrensgebühr nach Nr. 3307 VV RVG

Für die Vertretung des AG im Mahnverfahren fällt dem Anwalt nach Nr. 3307 VV RVG die dort geregelte 0,5 Verfahrensgebühr an. Durch diese Gebühr wird die Vertretung des AG im Mahnverfahren insgesamt abgegolten. Hierzu gehören insb. die Einlegung des Widerspruchs (OLG Düsseldorf RVGreport 2005, 386 (Hansens)) sowie die – verfahrensrechtlich nicht vorgeschriebene – Begründung des Widerspruchs. Diese Verfahrensgebühr – nicht aber auch die Postentgeltpauschale – wird nach der Anm. zu Nr. 3307 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Streitverfahrens angerechnet.

2. Verfahrensgebühr nach Nr. 3100, 3101 VV RVG

Demgegenüber fällt dem Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 bzw. Nr. 3101 VV RVG an, wenn er auftragsgemäß im Hinblick auf das Streitverfahren tätig geworden ist. Ob diese Tätigkeit eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG oder eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auslöst, hängt davon ab, welche Tätigkeiten der Anwalt in Bezug auf das Streitverfahren entfaltet hat. Dabei ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Nr. 3100 und 3101 Nr. 1 VV RVG, dass die in der letztgenannten Vorschrift aufgeführten Tätigkeiten die 1,3 Verfahrensgebühr auslösen.

Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Bekl. folgende Tätigkeiten entfaltet, die zum Anfall der 1,3 Verfahrensgebühr geführt haben:

Der Anwalt hat unter dem 20.3.2013 einen Schriftsatz beim LG eingelegt, mit dem er den Antrag auf Klageabweisung gestellt hat (siehe OLG Düsseldorf RVGreport 2005, 386 (Hansens)).
Der im Schriftsatz v. 23.4.2013 gestellte Antrag auf Anberaumung eines Verhandlungstermins gem. § 697 Abs. 3 S. 1 ZPO stellt ebenfalls einen das Streitverfahren einleitenden Antrag dar (so auch OLG Naumburg RVGreport 2012, 223 (Hansens) = AGS 2012, 122 mit Anm. N. Schneider).
Schließlich löst auch der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens die 1,3 Verfahrensgebühr aus (siehe OLG Köln AGS 2007, 344).

II. Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr

Gem. § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts grds. erstattungsfähig, wenn die jeweilige Tätigkeit des Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war.

Im Regelfall ist für den Bekl. das Stellen eines Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nicht notwendig, wenn auch der Kläger einen solchen Antrag bereits gestellt hatte. Ausnahmsweise stellt ein solcher Antrag dann eine Maßnahme der notwendigen Rechtsverteidigung dar, wenn der ASt. den AG in unzumutbarer Weise darüber im Unklaren gelassen hat, ob er das streitige Verfahren durchführen wird. Dies kann darin zum Ausdruck kommen, dass er selbst den Antrag hierfür nicht stellt oder er die weitere gerichtliche Verfahrensgebühr nicht einzahlt, den Mahnantrag jedoch auch nicht zurücknimmt. Wie lange der Bekl. die aufgrund der Untätigkeit des Kl. bestehende Ungewissheit über den Fortgang des Streitverfahrens hinnehmen muss, wird in der Rspr. unterschiedlich beurteilt:

Gut ein Jahr zwischen der Aufforderung des Kl., die weiteren Gerichtskosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens einzuzahlen bis zum Antrag des Bekl. auf Abgabe an das Streitgericht (OLG Düsseldorf JurBüro 2004, 195).
Zehn Monate zwischen Einlegung des Widerspruchs und Antrag auf Abgabe an das Streitgericht genügen (OLG München JurBüro 1992, 604 mit Anm. Mümmler = Rpfleger 1992, 495).
Neun Monate zwischen Erwirken des Mahnbescheides und dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens (OLG Hamburg JurBüro 1993, 95 mit Anm. Mümmler).
Gut sechs Monate zwischen der Aufforderung an die Kl. zur Anspruchsbegründung und Antrag des Bekl. auf Terminsanberaumung (so das OLG Hamburg hier).
Zwei Tage zwischen Widerspruchseinlegung und Antrag auf Durchführung des Streitverfahrens genügen hingegen nicht (OLG Koblenz JurBüro 2010, 257 = AGS 2010, 517 mit Anm. N. Schneider).

Nicht notwendig ist es im Übrigen, die Einlegung des Widerspruchs mit einem Klageabweisungsantrag zu verbinden, wenn der Kl. dann alsbald die Klage zurücknimmt (so KG JurBüro 2007, 307; OLG Koblenz JurBüro 2010, 257). Gleichwohl ist eine solche Verfahrensweise zu empfehlen, um den Anspruch auf die volle Verfahrensgebühr so früh wie möglich zu sichern. Nimmt der Kl. seine Klage dann zurück, ohne zuvor die Anspruchsbegründung einzureichen, ist allerdings nur die 0,8 Verfahrensgebühr erstattungsfähig. In diesem Fall sollte der Beklagtenanwalt auch gegenüber seinem Auftraggeber nur diese 0,8 Verfahrensgebühr abrechnen.

VRiLG Heinz Hansens

zfs 3/2014, S. 167 - 169

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