BGB § 254 § 839; GG Art. 34

Leitsatz

1. Randsteine als Begrenzung von Parkflächen müssen von der verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft nicht so gestaltet werden, dass sie gefahrloses Überhangparken durch Kfz beim Einparken mit den vorderen Fahrzeugkarosserieteilen ermöglichen.

2. Selbst wenn es vor Fertigstellung des Pflanzstreifens zu Unfällen beim Überhangparken gekommen ist, besteht keine Warnpflicht der verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft vor der Beschädigung von Kfz beim Überhangparken, wenn ein tiefergelegtes Kfz mit einer Bodenfreiheit von ca. 10 cm eingesetzt und beschädigt worden ist. Bei dieser Konstellation trifft den Fahrer des Kfz ein so überwiegendes Mitverschulden an dem Eintritt des Unfalls, dass daneben der etwaige Haftungsanteil der Verkehrssicherungspflichtigen zurücktritt. Der Fahrer musste der Höhe der Randsteine sein ganz besonderes Augenmerk widmen.

(Leitsätze der Schriftleitung)

BGH, Urt. v. 24.7.2014 – III ZR 550/13

Sachverhalt

Der Kl. macht die Verurteilung der beklagten Stadt wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend. Der Kl. beschädigte beim Einparken in eine Parkbucht bei Dunkelheit die Verkleidung des vorderen Stoßfängers seines Kfz. Sein Fahrzeug ist 4,63 Meter lang und in der Weise tiefergelegt, dass es eine unterdurchschnittliche Bodenfreiheit von nur 10,1 cm erreicht. Bei der Einfahrt in die 6 Meter lange und 3,5 Meter breite Parkbucht kam er mit dem vorderen Karosserieteil seines Fahrzeugs über den stirnseitig angebrachten, mindestens 20 cm hohen Randstein des Parkplatzes hinaus und führte die Beschädigung seines Fahrzeuges herbei. Zum Unfallzeitpunkt war eine vorgesehene Bepflanzung der Randsteine noch nicht vorgenommen worden und die gleichfalls vorgesehene Beleuchtungseinrichtung nicht installiert worden. Unstreitig war es vor dem Unfallereignis zu vergleichbaren Beschädigung von Kfz gekommen. Der BGH änderte die auf Ersatz der Reparaturkosten gerichtete, in beiden vorangegangenen Instanzen erfolgreiche Klage ab und verneinte einen Schadensersatzanspruch des Kl.

2 Aus den Gründen:

[14] "… Dem Kl. steht kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG im Hinblick auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Bekl. zu."

[15] 1. Die Bekl. ist verkehrssicherungspflichtig für die Parkbucht, in der das Unfallereignis stattgefunden hat. Die Bekl. ist gem. § 44 StrG BW Träger der Straßenbaulast für Gemeindestraßen. Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b StrG BW gehören zur öffentlichen Straße beziehungsweise zum Straßenkörper auch Parkplätze. Die mit der Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen zusammenhängenden Pflichten obliegen den Organen und Bediensteten der damit befassten Körperschaften und Behörden nach § 59 StrG BW als Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Die Bekl. hat gem. § 9 Abs. 1, § 44 StrG BW die Aufgabe, die Verkehrssicherheit der Gemeindestraßen zu gewährleisten. Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen steht selbstständig neben den sonstigen diese Straßen betreffenden Pflichten. Es handelt sich bei ihr nur um einen Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, die auf dem Gedanken beruht, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle oder einen gefahrdrohenden Zustand schafft oder andauern lässt, die Pflicht hat, alle ihm zumutbaren Maßnahmen oder Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern (st. Rspr., zuletzt Senatsurt. v. 21.11.2013, DAR 2012, 572 Rn 13 m.w.N.). Ein Verkehrssicherungspflichtiger hat in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren auszuräumen und erforderlichenfalls vor ihnen zu warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (st. Rspr., zuletzt Senatsurt. v. 5.7.2012, DAR 2012, 572 Rn 11 m.w.N.).

[16] Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich (auch) bei Parkplätzen nicht nur auf die Beschaffenheit der Verkehrseinrichtung selbst, sondern ganz allgemein auf die Abwehr derjenigen Gefahren, die den Verkehrsteilnehmern aus ihrer Benutzung drohen. Sie umfasst den gesamten Parkplatz bis zu der Stelle, die dem Verkehrsteilnehmer als Grenze äußerlich erkennbar ist. Der Träger der Verkehrssicherungspflicht ist deshalb gehalten, die Gefahren auszuräumen, die der Zustand oder die konkrete Besonderheit des Parkplatzes bei seiner Benutzung für den Verkehrsteilnehmer in sich bergen, die dieser nicht ohne weiteres erkennen kann und auf die er sich nicht ohne weiteres einzustellen und einzurichten vermag (Senat, Urt. v. 14.2.1966, VersR 1966, 562, sowie Beschl. v. 27.4.1989 – III ZR 193/88, BGHR BGB § 823 Abs. 1 Verkehrssicherungspflicht 23). Dabei kann der Verkehrssicherungspflichtige auch gehalten sein, ein nahe liegendes Fehlverhalten von Benutzern zu berücksichtigen (Senatsurt. v. 24.1.2002, NJW 2002, 1265 f.; Senatsurt. v. 12.11.1982, VersR 1982, 854 zur Verkehrssicherungspflicht be...

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