"Die Beschwerde des ASt. ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber nicht begründet."

Nach § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des VG in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der VGH nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe.

Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses des ASt. ausfällt, vom Vollzug der Entziehungsverfügung der AG v. 15.5.2014 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Widerspruch des ASt. bzw. eine nachfolgende Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben werden. Bei der Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung das entgegenstehende private Interesse des ASt.

Wie bereits das VG [VG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2014 – 5 K 2359/14] zutreffend ausgeführt hat, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 3 FeV zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kfz erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kfz begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 S. 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betr. weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 S. 1 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist jedoch nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.2001 – 3 C 13.01, [zfs 2002, 47=] NJW 2002, 78; v. 9.6.2005 – 3 C 25.04, NJW 2005, 3081; Senatsbeschl. v. 24.6.2002 – 10 S 985/02, [zfs 2002, 504 =] VBlBW 2002, 441 m.w.N.).

Der Senat geht mit dem VG davon aus, dass die Anordnung des Gutachtens voraussichtlich nicht zu beanstanden ist. Nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung von Fahreignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 u.a. bei wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gesetz dem Schutz vor Gefahren, die sich aus einer Häufung von Verkehrsverstößen ergeben, grds. durch das Fahreignungs-Bewertungssystem (früher Mehrfachtäter-Punktsystem) gem. § 4 StVG Rechnung trägt. Nach § 4 Abs. 1 S. 3 StVG findet das Fahreignungs-Bewertungssystem jedoch keine Anwendung, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer Maßnahmen, insb. aufgrund der Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG, ergibt. Hieraus folgt, dass das Fahreignungs-Bewertungssystem nicht abschließend ist. Ein Verlassen dieses Systems muss aber die Ausnahme bleiben. Vom Fahreignungs-Bewertungssystem kann nur abgewichen werden, wenn besondere Gründe dafür vorliegen, dass ein Fahrerlaubnisinhaber auch schon bevor er 18 Punkte erreicht und ohne die Möglichkeit, von den nach dem Punktesystem vorgesehenen Angeboten und Hilfestellungen Gebrauch zu machen, sowie ohne vorangegangene Warnung als fahrungeeignet angesehen werden kann. Diese besonderen Gründe müssen sich aus der Art, der Häufigkeit und dem Tathergang der Verkehrsverstöße ergeben und in spezifischer Weise Bedeutung für die Eignung zur Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr haben (vgl. zum Ganzen Senatsbeschl. v. 5.5.2014 – 10 S 705/14, [zfs 2014, 415]; Senatsbeschl. v. 18.3.2010 – 10 S 2234/09; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.10.2008 – OVG 1 M 10.08, … ).

Eine solche besondere Ausnahmekonstellation kann auch vorliegen, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber durch die beharrliche und häufige Begehung von – isoliert betrachtet nicht gewichtigen – Verkehrsverstößen verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen (Senatsbeschl. v. 5.5.2014 – 10 S 705/14, a.a.O.). In der Rspr. des BVerwG ist insoweit geklärt, dass bei der Prüfung der Kraftfahreignung geringfügige Verkehrsordnungswidrigkeiten, insb. Verstöße gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs, grds. mit Blick auf ihr geringes Gefährdungspotential außer Betracht zu bleiben haben. Nur ausnahmsweise schließen aber auch Zuwiderhandlungen dieser Art die Eignung zum Führen von Kfz aus, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung...

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