" … Die zulässige Beschwerde ist begründet."

Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO) ergibt sich, dass das VG [VG Gelsenkirchen – 7 L 1068/13] den Antrag des ASt. auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Klage zu Unrecht abgelehnt hat. Die angefochtene Ordnungsverfügung des AG v. 31.7.2013 wird sich aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen, sodass die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des ASt. ausfällt.

Die angefochtene Entziehungsverfügung findet in § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 S. 1 FeV höchstwahrscheinlich keine Rechtsgrundlage. Danach darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Kraftfahrers zum Führen von Kfz schließen, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig sowie hinreichend bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.6.2005 – 3 C 25.04, juris, Rn 19 = NJW 2005, 3081; zu § 15b Abs. 2 StVZO a.F. siehe BVerwG, Urt. v. 5.7.2001 – 3 C 13.01, juris, Rn 20 = [zfs 2002, 47 =] NJW 2002, 78; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 11 FeV Rn 55).

Die Beibringungsanordnung v. 10.6.2013 erfüllt voraussichtlich jedenfalls die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen nicht. In dieser Hinsicht müssen der Anordnung tatsächliche Umstände zugrunde gelegt werden, die einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lassen. Das ist nicht der Fall. Der AG hat seine Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, auf § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt und zur Begründung auf die beim ASt. festgestellte Blutalkoholkonzentration von 2,56 Promille verwiesen, die Ausdruck einer langfristigen und hohen Alkoholgewöhnung sei und deshalb den Schluss auf einen Alkoholmissbrauch erlaube. Letzteres trifft jedoch nicht zu. Nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn nach dem ärztlichen Gutachten (§ 11 Abs. 2 S. 3 FeV) zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen (1. Alternative) oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (2. Alternative). Alkoholmissbrauch in diesem Sinne meint nicht – wie sonst umgangssprachlich – den übermäßigen Gebrauch von Alkohol, sondern liegt nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV (nur dann) vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.5.2008 – 3 C 32.07, juris, Rn 13 = [ zfs 2008, 535 =] NJW 2008, 2601; Dauer, a.a.O., § 2 StVG Rn 46).

In der Rspr. der OLG ist umstritten, ob § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV auch die Berücksichtigung nicht (unmittelbar) straßenverkehrsbezogener Alkoholauffälligkeiten gestattet. Dies ist angesichts der der Vorschrift zukommenden Auffangfunktion mit der ganz überwiegenden Auffassung zu bejahen. Allerdings reicht allein die Feststellung, dass bei einem Fahrerlaubnisinhaber (oder -bewerber) in der Vergangenheit – wie hier – einmal eine Alkoholkonzentration festgestellt wurde, die auf ein deutlich normabweichendes Trinkverhalten und eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung schließen lässt, nicht aus, um den Verdacht zu begründen, dass der Betr. zukünftig ein Fahrzeug führen könnte, obwohl er hierzu aufgrund alkoholbedingter Beeinträchtigungen nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist. Denn hohe Alkoholgewöhnung sagt für sich genommen noch nichts Hinreichendes über die Gefahr zukünftiger Trunkenheitsfahrten aus. Vielmehr müssen weitere tatsächliche Umstände hinzukommen, die in der Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die Annahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 8.4.2013 – 16 A 2704/12 und v. 8.9.2008 – 16 B 749/08; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.8.2013 – 10 S 1266/13, juris, Rn 7; OVG Bremen, Beschl. v. 19.10.2011 – 2 B 148/11, juris, Rn 16 ff. = NJW 2012, 473; OVG LSA, Beschl. v. 12.11.2008 – 3 M 503/08, juris, Rn 6 f. = NJW 2009, 1829; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 5.6.2007 – 10 A 10062/07, juris, Rn 35 = zfs 2007, 656; VG Minden, Beschl. v. 8.9.2011 – 9 L 352/11, juris, Rn 15 ff., 19 = DAR 2011, 720; VG Augsburg, Beschl. v. 9.3.2005 – Au 3 S 05.167, juris, Rn 18 ff. = [zfs 2005, 420 =] DAR 2005, 711; Dauer, a.a.O., § 13 FeV Rn 21).

Ob sich solche Umstände vorliegend daraus herleiten ließen, dass dem ASt. eine Trunkenheitsfahrt zwar nicht nachgewiesen werden konnte, er in der Hauptverhandlung vor dem AG Dortmund aber s...

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