Aufgrund eines vermeintlichen Vorrangs der Leistungsklage wird von der Erhebung der allgemeinen Feststellungsklage abgesehen, weil sie als unzulässig angesehen wird. Zu tief sitzt offensichtlich der schon im Studium erlernte Grundsatz, dass die Leistungsklage Vorrang hat, weil nur sie eine vollstreckungsfähige Entscheidung herbeiführen kann. Wenn der Verfasser gleichwohl entsprechende Feststellungsklagen erhebt, erfolgen vorschnell Hinweisbeschlüsse[16] zur angeblichen Unzulässigkeit. Selbst Oberlandesgerichte gelangen bei entsprechenden Feststellungsklagen regelmäßig zur Unzulässigkeit und werden sodann vom BGH aufgehoben.[17] Allen aufgehobenen gerichtlichen Entscheidungen ist gemein, dass die Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit der Feststellungsklage bei noch nicht bezifferbaren Schäden oder Beteiligung des Staates oder einer Versicherung auf Passivseite unbekannt ist. Diese offensichtlich weit verbreitete Unkenntnis hat den BGH in seiner Entscheidung vom 15.1.2008[18] zu deutlichen Worten veranlasst. Mit der Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG Jena hat der BGH in seiner Entscheidung folgendes ausgeführt:

Zitat

"In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zulässigkeit der Feststellungsklage bei einem sich entwickelnden Schaden (vgl. Senat BGHZ 163, 351, 361 f.; BGH, Urt. v. 21.1.2000, V ZR 387/98 – NJW 2000, 1256, 1257), wie er hier zumindest hinsichtlich der Anmietung von Ersatzwohnraum gegeben ist, im Einzelnen auseinander zu setzen. Die Feststellungsklage war – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und des Berufungsgerichts – nicht deshalb unzulässig, weil die Schädigung mit der Kontaminierung des Rohrleistungssystems abgeschlossen war."

Aufgrund dessen soll nachfolgend die BGH-Rechtsprechung zur Zulässigkeit der allgemeinen Feststellungsklage vertiefend dargestellt werden.

[16] Hinweisbeschluss AG Altenkirchen vom 29.5.2019, 71 C 188/19; LG Köln, Hinweisbeschluss vom 13.5.2015, 4 O 57/15; LG Köln, Beschl. v. 21.11.2019, 16 O 485/19, LG Köln, Beschl. v. 9.10.2019, 7 O 103/19.

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