Die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort führt grds. zur Leistungsfreiheit des Kfz-Haftpflichtversicherers und erlaubt ihm damit den Regress (§ 28 Abs. 2 S. 1 VVG i.V.m. AKB 2008 E.1.3, 6.1; §§ 115 Abs. 1, 116 Abs. 1 VVG, § 426 BGB). Das ist anders, wenn der VN den Kausalitätsgegenbeweis führen kann (§ 28 Abs. 3 S. 1 VVG), es sei denn, der VN hätte bei Verletzung der Aufklärungsobliegenheit arglistig gehandelt (§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG).

Die Entscheidung nimmt im Grunde als regelhaft an, dass ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort arglistig geschieht und dem VN damit der Kausalitätsgegenbeweis von vornherein genommen ist. Das wird zwar in der instanzgerichtlichen Rspr. häufig ähnlich gesehen, entspricht aber nicht dem Stand der Dinge. Vielmehr hat der BGH in seiner Entscheidung v. 21.11.2012 (zfs 2013, 91) geklärt, dass der Kausalitätsgegenbeweis einer Generalisierung nicht zugänglich und das unerlaubte Entfernen nicht stets arglistig ist, es vielmehr einer individualisierenden und auf den Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung bezogenen Feststellung bedarf. Auch fordert der Kausalitätsgegenbeweis nicht zwingend den Nachweis fehlender Alkoholisierung!

Dem näher nachzugehen hätte gerade im Streitfall Anlass bestanden, da die Bekl. in Begleitung gewesen war, Anhaltspunkte für eine tatsächliche alkoholische Beeinflussung also – jedenfalls auf einen von ihrem Prozessbevollmächtigten zwingend zu erwartenden Beweisantrag der Bekl. hin – hätten ausgeräumt werden können und nicht auf Anhieb erkennbar ist, welche andere bewusste Benachteiligung ihres Haftpflichtversicherers, dessen Inanspruchnahme ja von der Feststellung des VN durch Dritte abhängig ist, die Bekl. zum Wegfahren bewegt haben könnte.

PräsOLG Prof. Dr. Roland Rixecker

zfs 12/2015, S. 696 - 697

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