" … Die Kl. hat gegen die Bekl. wegen arglistiger Verletzung ihrer Obliegenheit zur Sachverhaltsaufklärung einen Regressanspruch in Höhe der Klageforderung aus §§ 426 Abs. 2 S. 1 BGB, 115 Abs. 1 S. 4, 116 Abs. 1 S. 2 VVG i.V.m. Ziffer E 7.7.3 AKB i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG."

Die Höhe des von der Kl. für die Bekl. regulierten Schadens ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Voraussetzungen für einen Regressanspruch der Kl. gegen die Bekl. in Höhe des Regulierungsbetrages liegen vor. Die Kl. war berechtigt, der Bekl. den Versicherungsschutz bis zu einem Betrag i.H.v. 2.500 EUR zu entziehen, so dass sie insoweit leistungsfrei i.S.v. § 116 Abs. 1 S. 2 VVG geworden ist.

1. Zutreffend hat das AG anhand der von ihm zitierten Rspr. festgestellt, dass sich die Bekl. des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig gemacht und damit ihre Mitwirkungsobliegenheit bei der Sachverhaltsaufklärung vorsätzlich verletzt habe.

Die Bekl. kann auch nicht damit gehört werde, dass jedenfalls keine Strafbarkeit nach § 142 StGB vorliege, da sie sich in einem Tatbestandsirrtum befunden habe. Die Bekl. hat nach ihrer eigenen Einlassung bemerkt, dass sie gegen etwas gefahren ist. Sie hat sich ferner nicht vergewissert, ob dabei ein Schaden entstanden ist. Insoweit kommt es für die Verwirklichung des Tatbestandes nicht darauf an, ob der Schaden an einem Fahrzeug oder einem anderen Gegenstand, z.B. einem Begrenzungspfosten entstanden ist.

Die vorsätzliche Verletzung ihrer Mitwirkungsobliegenheit genügt auch für die auf einen Betrag i.H.v. 2.500 EUR beschränkte Leistungsfreiheit der Kl. gem. Ziffer E 7.1. i.V.m. 7.3. ihrer AKB i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG.

2. Der Bekl. steht insoweit gem. § 28 Abs. 3 S. 2 VVG auch nicht der Kausalitätsgegenbeweis zu. Rechtsfehlerhaft ist die Würdigung des AG, dass ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht von einer arglistigen Obliegenheitsverletzung ausgegangen werden könne.

Aus der Entscheidung des BGH v. 1.12.1999 (NVZ 2000, 134) folgt nicht nur, dass ein VN, der vorsätzlich Unfallflucht begeht, seine Aufklärungspflicht gegenüber der Versicherung verletzt, sondern auch, dass er einen gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten den VR bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann, mithin arglistig handelt. Der BGH hat in seiner Entscheidung nämlich auch festgestellt, dass die strafrechtlich sanktionierte Rechtspflicht zum Verbleib an der Unfallstelle von der vertraglichen Aufklärungspflicht mitumfasst sei. Weiter heißt es dann: “Dass er mit ihrer Verletzung auch den Leistungsanspruch gegen seinen VR gefährden kann, drängt sich ihm schon deshalb auf, weil der Kraftfahrer weiß, dass ein VR bei einem Schadensfall stets ein Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergangs und der Unfallursachen hat, das er mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt.‘ Da somit der Kraftfahrer weiß, dass sein VR beim Schadensfall ein Interesse an vollständiger Aufklärung hat und dieses Interesse mit dem Verlassen des Unfallortes nachhaltig beeinträchtigt wird, so verfolgt er eben mit der Entfernung vom Unfallort einen Zweck, der für ihn auch erkennbar gegen die Interessen des VR gerichtet ist.

3. Insoweit kommt es nicht mehr darauf, dass selbst unter Beachtung der vom AG vertretenen Rechtsauffassung die Kl. gleichwohl einen Regressanspruch gegen die Bekl. hätte, weil entgegen dem angefochtenen Urteil der Bekl. der Kausalitätsgegenbeweis gem. § 28 Abs. 3 VVG nicht geglückt ist.

Von dem VR kann nicht in jedem Fall verlangt werden, im Einzelnen nachzuweisen, inwiefern das Entfernen vom Unfallort das Treffen bestimmter Feststellungen behindert oder unmöglich gemacht hat. Allerdings ist er grds. verpflichtet darzulegen, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheiten getroffen hätte (Prölss/Martin, 48. Aufl., § 28 Rn 151 m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist die Kl. nachgekommen, indem sie vorgetragen hat, dass wegen der Entfernung der Bekl. vom Unfallort eben jegliche Feststellungen durch die Polizei betreffend ihrer Person und dem Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Unfallverursachung nicht mehr möglich sind. Allein schon darin liegt eine Beeinträchtigung der Sachverhaltsaufklärung. So ist anerkannt, dass bereits eine längere Verzögerung der Schadensanzeige Einfluss auf die Feststellung nehmen kann, da ein längerer Zeitablauf im Allgemeinen die Möglichkeit verringert, die Ursache eines Schadens festzustellen. …

Sodann hätte es der Bekl. oblegen, den Kausalitätsgegenbeweis mit einer Beweislage zu führen, die derjenigen gleichwertig ist, die sich ohne die Unterdrückung ergeben hätte (Prölss/Martin a.a.O.). An einer solchen Gleichwertigkeit im Verhältnis zu polizeilichen Feststellungen fehlt es aber, soweit sich die Bekl. auf das Zeugnis ihrer Beifahrerin und Freundin beruft. … “

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