VGB 2003 § 6 Nr. 3a

Leitsatz

Ein Umbau i.S.d. Leistungsausschlusses nach § 6 Nr. 3a VGB 2003 setzt im Gegensatz zu bloßen Renovierungsarbeiten eine Umgestaltung des versicherten Gebäudes voraus, die so weit in die Substanz eingreift, dass das Gebäude insgesamt für seine ursprüngliche Bestimmung nicht mehr nutzbar erscheint.

BGH, Beschl. v. 11.9.2013 – IV ZR 259/12

Sachverhalt

Der VN führte in seinem 1969 errichteten Reihenhaus nach Auszug der Mieter ab 2009 Renovierungsarbeiten durch, deren Umfang streitig ist. Im Januar 2010 wurde ein Leitungswasserschaden bemerkt. Bei einem Ortstermin stellte der Regulierungsbeauftragte des VR fest, dass Bäder noch nicht saniert und Bodenbeläge im EG noch nicht verlegt waren.

Das LG hat das Anwesen für nicht bezugsfertig gehalten, das OLG die Voraussetzungen des Risikoausschlusses wegen Umbauarbeiten für gegeben, weil der VN nicht (sekundär) dargelegt hatte, dass die Umbauarbeiten keinen bedeutenden Umfang gehabt hatten.

2 Aus den Gründen:

[10] "… III. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kl. führt zur Zulassung der Revision unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das BG gem. § 544 Abs. 7 ZPO. Dieses hat den Anspruch der Kl. auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es im Hinblick auf die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 6 Nr. 3a, Alternative 2 VGB 2003 die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Bekl. verkannt und zugleich die sekundäre Darlegungslast der Kl. überspannt hat."

[11] 1. Das BG hat zunächst richtig gesehen, dass das LG die Leistungsausschlussklausel des § 6 Nr. 3a VGB 2003 falsch ausgelegt und zu Unrecht angenommen hatte, eine Leistungsfreiheit der Bekl. folge bereits daraus, dass das versicherte Gebäude “noch nicht’ bezugsfertig gewesen sei.

[12] a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an … . Das Interesse des VN geht bei Risikoausschlussklauseln i.d.R. dahin, diese eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der durchschnittliche VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (siehe nur Senat r+s 1999, 192 unter 2a und ständig). Der VN, dem die Entstehungsgeschichte einer Klausel i.d.R. nicht bekannt ist, wird zunächst von ihrem Wortlaut ausgehen. Bezugsfertig ist ein Wohngebäude nach dem normalen Sprachgebrauch, wenn es so weit fertig gestellt ist, dass es bestimmungsgemäß von Menschen bezogen und auf Dauer bewohnt werden kann (vgl. dazu auch Wälder, r+s 2012, 5, 7). Mit dem Wortteil “fertig’ ist dabei die bauliche Fertigstellung besonders angesprochen. Der Wortlaut des § 6 Nr. 3a VGB 2003, welcher den Versicherungsschutz einschränkt, “solange das versicherte Gebäude noch nicht bezugsfertig oder wegen Umbauarbeiten für seinen Zweck nicht mehr benutzbar ist’, verdeutlicht dem VN mit dieser Gegenüberstellung, dass mit der ersten Variante (Bezugsfertigkeit) lediglich die bis zur Neuerrichtung des Gebäudes ausstehende Nutzbarkeit angesprochen ist, während nachfolgende Einschränkungen der zweckentsprechenden Nutzung den Versicherungsschutz lediglich unter den Voraussetzungen der zweiten Variante (Umbauarbeiten) entfallen lassen sollen (vgl. dazu auch Martin, SVR, 3. Aufl., F IV Rn 18 und 19 zur gleichlautenden Klausel des § 9 Nr. 3a VGB 88; Wälder, a.a.O. S. 8; OLG Hamm VersR 1989, 365).

[13] b) Daraus ergibt sich weiter, dass der durchschnittliche VN “Umbauarbeiten’ im Hinblick auf die Nutzungseinschränkung ähnliches Gewicht beimessen wird wie einer während der Neuerrichtung eines Gebäudes noch ausstehenden Bezugsfertigkeit. Da die VGB 2003 an mehreren Stellen den Versicherungsschutz für leerstehende oder nicht genutzte Gebäude nur unter zusätzlichen Voraussetzungen, etwa einer Gefahrerhöhung oder Obliegenheitsverletzung, einschränken (vgl. z.B. §§ 19 Nr. 4b, 20 Nr. 1c VGB 2003), sein Interesse im Übrigen dahin geht, Versicherungsschutz auch in Zeiten vorübergehenden Nutzungsausfalls zu erhalten, wird er die Voraussetzung “Umbauarbeiten’ dahin verstehen, dass nicht jede vorübergehende Nutzungseinschränkung – etwa auch durch Renovierungsarbeiten – als Umbau i.S.d. Leistungsausschlusses anzusehen ist, er wird vielmehr davon ausgehen, dass es sich bei einem Umbau um eine tief greifende Umgestaltung des versicherten Gebäudes handeln muss, die in ihrer Qualität Ähnlichkeiten mit der Neuerrichtung aufweisen muss, mithin so weit in die Gebäudesubstanz eingreift, dass das Gebäude insgesamt für seine ursprüngliche Bestimmung nicht mehr nutzbar erscheint (vgl. dazu Martin, a.a.O., F IV Rn 19, 20; Wälder, a.a.O. S. 8; OLG K...

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