[7] "Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BG."

[8] I. Das BG billigt dem Kl. aus Abschnitt 8 Abs. 3 des Kaufvertrags einen Anspruch auf Ersatz der Vertragskosten zu, weil er wirksam vom notariellen Kaufvertrag zurückgetreten sei. Dies folge aus § 323 Abs. 1 BGB, denn die am 3.6.2008 gesetzte Nachfrist zur bezugsfertigen Herstellung des Einkaufszentrums sei wirksam gewesen, obwohl die Leistung der Bekl. erst zum 30.6.2008 fällig geworden sei. Es hätten schon am 3.6.2008 ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Schuldnerin bestanden, weil unstreitig sei, dass die Fertigstellung frühestens bis zum 1.9.2008 möglich sein würde. Die Nachfrist habe daher bereits am 3.6.wirksam gesetzt werden können.

[9] Die Nachfrist von einem Monat sei auch angemessen gewesen. Bei erheblicher Anstrengung habe die Nachfrist von der Bekl. eingehalten werden können. Das ergebe sich aus dem Verhältnis zwischen vereinbarter Bauzeit und Dauer der Nachfrist sowie aus den vorgelegten Bauzeitenplänen.

[10] Im Übrigen wäre an eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu denken. Die Bauarbeiten seien Ende Juni zu deutlich weniger als zwei Dritteln fertig gestellt gewesen.

[11] Der Kl. könne sein Rücktrittsrecht auch auf § 323 Abs. 4 BGB stützen. Es sei schon im Mai 2008 offensichtlich gewesen, dass die Bezugsfertigkeit bis zum 31.7.2008 nicht habe hergestellt werden können. Der Kl. müsse auch nach Fälligkeit und Ablauf einer angemessenen Nachfrist die Möglichkeit haben zurückzutreten.

[12] Zu ersetzen seien die Kosten des Vertrags, worunter die Kosten zu verstehen seien, wie sie allgemein im Wandelungsrecht nach dem Schuldrecht in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung verstanden worden seien, nämlich Beurkundungskosten, Grundbuchkosten und Maklerkosten, nicht aber Finanzierungskosten. Dieser weitergehende Schaden könne allenfalls nach Abschnitt 8 Abs. 4 des Vertrags ersetzt verlangt werden, wenn der Grund für den Rücktritt des Kl. von der Bekl. vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden wäre, wofür ausreichende Anhaltspunkte fehlten.

[13] II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[14] 1. Das BG stützt den Zahlungsanspruch des Kl. auf die vertragliche Regelung über die gesetzlichen Rücktrittsrechte und ihre Rechtsfolgen in Abschnitt 8 Abs. 3, wonach die Partei die Kosten des Vertrags zu tragen hat, die den Rücktritt der anderen zu vertreten hat. Die getroffenen Feststellungen ermöglichen nicht die Annahme, die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts lägen vor.

[15] a) Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann der Kl. nicht aus § 323 Abs. 1 BGB herleiten.

[16] Voraussetzung für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist, dass bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Nach nahezu allgemeiner Meinung in der Literatur kann die Nachfrist erst gesetzt werden, wenn die Leistung fällig ist, ansonsten ist die Fristsetzung unbeachtlich (Staudinger/Otto/Schwarze [2009], § 323 Rn B 42; Ernst, in: MüKo-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn 56; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 323 Rn 12; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn 68; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 2. Aufl., § 323 Rn 18; jurisPK-BGB/Alpmann, 5. Aufl., § 323 Rn 27; Medicus/Stürner, in PWW-BGB, 7. Aufl., § 323 Rn 4; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn 6, 10; Faust, Schuldrechtsmodernisierung, § 3 Rn 122, 133; a.A. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, 35. Aufl., § 23 Rn 38). Das entspricht der Rspr. des BGH zu § 326 Abs. 1 BGB a.F. (BGH, Urt. v. 28.1.2003 – X ZR 151/00, NJW 2003, 1600 = NZBau 2003, 274 Rn 6; Urt. v. 15.3.1996 – V ZR 316/94, NJW 1996, 1814), aus dessen Wortlaut hergeleitet wird, dass eine Nachfrist nicht wirksam vor Verzugseintritt gesetzt werden kann (BGH, Urt. v. 15.3.1996 V ZR 316/94, a.a.O. unter Bezug auf RGZ 93, 180, 182). Der BGH hat auch schon zur Regelung des § 323 Abs. 1 BGB die Auffassung vertreten, dass die Frist zur Leistung oder zur Nacherfüllung nicht wirksam vor der Fälligkeit der Leistung gesetzt werden kann (BGH, Urt. v. 20.1.2006 V ZR 124/05, BauR 2006, 1134 = NJW 2006, 1198 Rn 13). Auch wenn sich dies nicht mehr zwingend aus dem Wortlaut der Regelung herleiten lässt (vgl. Faust, Schuldrechtsmodernisierung, S. 119), schließt sich der Senat dieser Auffassung an. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in Anknüpfung an die Regelung des § 326 Abs. 1 BGB a.F. das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB nur für den Fall zulassen, dass die Frist in einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem die Leistung fällig ist. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dass in der Begründung zu dieser Norm lediglich darauf eingegangen wird, dass die sonstigen Voraussetzungen des Verzugs und der Ablehnungsandrohung entfallen sind, und ansonsten ersichtlich davon ausgegangen wird, dass die Frist nach Fälligkeit der Leis...

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