"Die Kl. hat einen Anspruch gegen die Bekl. auf Zahlung von 673,60 EUR gem. § 1 S. 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag."

Durch das Zerkratzen des Fahrzeugs der Kl. und der damit verbundenen Beschädigung ist der Versicherungsfall eingetreten.

Der von der Bekl. vorgenommene Abzug “neu für alt’ i.H.v. 673,60 EUR war ungerechtfertigt. Ein solcher Abzug ist nicht pauschal bei jeder Reparatur vorzunehmen, sondern lediglich dann, wenn durch die Reparatur eine messbare Vermögensmehrung eingetreten ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Vorb. v. § 249 Rn 98; Geigel/Pardey, Haftpflichtprozess, 9. Kapitel, Rn 72). Die Höhe des Abzugs unterliegt hierbei der richterlichen Schätzung gem. § 287 ZPO.

Voraussetzung einer solchen Schätzung ist, dass die der Schätzung zugrunde zu legenden Tatsachen substantiiert dargelegt und notfalls unter Beweis gestellt werden. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt vorliegend der Bekl., da sie sich auf den Abzug “neu für alt’ beruft. Ihrer diesbezüglichen Darlegungslast ist sie … nicht substantiiert nachgekommen.

Die Bekl. hat lediglich ausgeführt, dass der Abzug auf der Laufleistung und dem Alter des Fahrzeugs sowie dem Zustand des gesamten Fahrzeugs und des Lacks beruhe. Wie sich der Zustand des Fahrzeugs und des Lacks darstellte, schilderte die Bekl. jedoch nicht.

Aufgrund dessen konnte nicht nachvollzogen werden, ob die Lackierung zu einer messbaren Vermögensmehrung führte oder ob der Lack vor dem Schadensfall noch in einem so guten Zustand war, dass die Neulackierung keine Auswirkung auf den Wert des Fahrzeugs hatte. Das Fahrzeugalter von 46 Monaten lässt, auch unter Berücksichtigung der Laufleistung von 71.853 km, keine Rückschlüsse auf einen wertverminderten Zustand des Lacks zu. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Fahrzeuglackierungen mittlerweile von einer solchen Qualität sind, dass während der Lebensdauer eines Fahrzeugs in der Regel keine Neulackierung erforderlich ist (vgl. auch OLG Koblenz, Urt. v. 26.11.1999 – 10 U 246/99).

Die angebotenen Beweise, nämlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Vernehmung des sachverständigen Zeugen, waren nicht einzuholen, weil es sich dabei um einen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte. Der Zeuge sowie der Sachverständige hätten nämlich zunächst vortragen müssen, in welchem Zustand sich das Fahrzeug beziehungsweise der Lack abgesehen von dem durch das Zerkratzen eingetretenen Schaden befanden … “

Mitgeteilt von RA Robert Kersting, FA für Verkehrsrecht und FA für Versicherungsrecht

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