Die Fahrerschutzversicherung wurde in Skandinavien entwickelt und war auch in Belgien und Luxemburg verbreitet, bevor sie dann nach 2002 auch in Deutschland eingeführt wurde.[1] Seit Geltung des Schadensrechtsänderungsgesetzes vom 1.8.2002 sind sämtliche Insassen im Fahrzeug im Hinblick auf die Ausdehnung der Gefährdungshaftung im Rahmen von § 8a StVG geschützt, da ihnen eigene, verschuldensunabhängige Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs zuerkannt werden. Allein der Führer des Fahrzeugs kann gem. § 8 Nr. 2 StVG keine Ansprüche geltend machen. Falls dieser nicht über eigene weitergehende Versicherungen wie Unfallversicherung oder sonstige Personenversicherungen verfügt, ist er schutzlos. Diese Lücke will die Fahrerschutzversicherung schließen, weshalb sie sehr häufig auch als eine Art "Vollkaskoversicherung für Personenschäden" bezeichnet wird.[2]

Der Bedarf ist groß. Zwischen 2007 und 2013 schwanken die Zahlen der polizeilich erfassten Unfälle zwischen gut 2,3 und gut 2,4 Millionen. Die Zahl der Getöteten und Verletzten ist seit 2007 bis ins Jahr 2014 rückläufig. Während im Jahre 2007 noch fast 5.000 Getötete zu beklagen waren, waren dies Ende 2013 noch gut 3.300 Personen.[3] Von den insgesamt im Jahre 2013 verunglückten Personen von knapp 380.000 waren rund 64.000 Schwerverletzte und 310.000 Leichtverletzte. Es kann nun allein geschätzt werden, dass von den Unfallbeteiligten rund 50 % oder aber überschlägig 190.000 Kraftfahrzeugführer betroffen sind. Hiervon werden erfahrungsgemäß mehr als 50 % keinen oder keinen vollen Deckungsanspruch haben, weil sie den Unfall allein oder teilweise selbst mit verursacht haben. Diese unfallgeschädigten Kraftfahrzeugführer bedürfen dringend der Absicherung durch die Fahrerschutzversicherung. Die Praxis zeigt, dass die Fahrerschutzversicherung noch viel zu selten eingeschlossen wird. Das Produkt Fahrerschutzversicherung ist sowohl auf Seiten der Anbieter wie aber auch auf Seiten der Verbraucher weitgehend unbekannt, wie die eigenen Feststellungen des Verfassers ergeben haben. Als dieser die Fahrerschutzversicherung vor drei Jahren in einem kleinen Flottenvertrag bei einer der größten deutschen Versicherungen verankern wollte, wurde ihm mehrfach durch die Agentur mitgeteilt, dass ein solches Produkt nicht bestehe. Dies korrespondiert mit den Umfragen, die der Verfasser regelmäßig bei seinen Vortragsveranstaltungen durchführt und die belegen, dass allenfalls 20 % der Fachanwälte für Verkehrsrecht Kenntnis von der Fahrerschutzversicherung haben. Diese Situation wird sich schon deshalb in naher Zukunft ändern, weil die Versicherungen gehalten sind, die Fahrerschutzversicherung aktiv "zu vermarkten", wollen sie nicht dauerhaft ohne entsprechende Deckungsprämie im Rahmen der Quasideckung eintrittspflichtig sein.

[1] Vgl. Wilms in Himmelreich/Halm/Wilms, Handbuch des Fachanwaltes Verkehrsrecht, Kapitel 23, Rn 5.
[2] Vgl. Schwab in Halm/Kräuter/Schwab, AKB, Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, Kommentar, S. 1097, Rn 1.
[3] Vgl. Destatis Fachserie 8, Reihe 7, S. 44.

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