1. Die unfallbedingt eingetretene Beeinträchtigung der Eigenversorgung des Verletzten rechtfertigt unter Anwendung des § 843 BGB den Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse (vgl. Schah Sedi, Das verkehrsrechtliche Mandat, Band 5, Personenschäden, 2. Aufl., § 3 Rn 149; Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 2. Aufl., Kapitel 7 Rn 4; Zoll, in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kapitel 35 Rn 3). Da der Kl. Familienmitglieder nicht zu versorgen hatte, schied eine Herleitung des Schadens wegen unfallbedingter Beeinträchtigung solcher Tätigkeiten unter dem Blickwinkel des Erwerbsschadens aus (vgl. hierzu BGH VersR 1996, 1565; OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 1112).

2. Eine Schadensersatzpflicht ist nicht wegen Fehlens einer Selbstversorgung des Kl. durch Führen eines Haushalts ausgeschlossen. Die Mitteilung der Lebensumstände das Kl. (Wohnen in dem Anwesen der Eltern) begründeten den Verdacht einer "Hotel-Mama"-Situation, in der dem Kl. alle Mühen des Führens eines Haushalts abgenommen wurden, womit schon deshalb ein Haushaltsführungsschaden entfallen wäre. Haushaltsführungstätigkeit setzte voraus, dass der Kl. bis zu seiner Verletzung anfallende Haushaltsführungstätigkeiten im engeren Sinne, wie Kochen, Putzen, Waschen und Einkaufen sowie im weiteren Sinne die Reparatur- und Renovierungstätigkeiten vorgenommen hatte. Diese Feststellung musste am Anfang der Prüfung des Schadensersatzanspruchs wegen vermehrter Bedürfnisse stehen.

Der Annahme eines Haushaltsführungsschadens steht es nicht entgegen, dass die Haushaltstätigkeit in Räumen des elterlichen Anwesens vorgenommen worden ist, insb. sich diese Tätigkeit nicht als Mitarbeit i.S.d. § 1619 BGB darstellte (Rn 58). Da die von dem LG durchgeführte und gewürdigte Beweisaufnahme das Vorliegen von Haushaltsführungstätigkeiten des Kl. ergab, war damit der erste Schritt zur Bejahung des Schadensersatzanspruchs wegen vermehrter Bedürfnisse getan.

3. Der Senat hatte sich mit dem Problem auseinander zu setzen, dass der Kl. gegenüber dem LG einen Haushaltsführungsschaden bis zum 31.12.2013 geltend gemacht hatte, das LG jedoch nur für den Zeitraum bis zum 31.12.2011 einen Haushaltsführungsschaden zugesprochen hatte, hinsichtlich des weiteren Zeitraums eine Entscheidung nicht gefällt hatte. Diese häufig verkommende Gestaltung der Entscheidung mag eine Beschwer des Kl. begründet haben. Die formell zu bestimmende Beschwer des Kl. bestand darin, dass eine dem Kl. nachteilige Differenz zwischen dem Klageantrag und der Entscheidung im Urteil vorlag (vgl. BGH NJW 1991, 704; BGH NJW 1986, 2703). Da jedoch der Kl. zu der Beseitigung der Beschwer – vielleicht in der Erkenntnis der geringen Erfolgsaussichten einer Berufung – kein Rechtsmittel eingelegt hatte, war die Entscheidung des LG rechtskräftig geworden, wodurch die aus dem Tenor sich ergebende landgerichtliche Entscheidung, die erkennbar eine Entscheidung über den gesamten ihm unterbreiteten Sachverhalt, den Streitgegenstand, treffen wollte (§ 322 ZPO), unbeschadet aller etwaigen Fehler nicht mehr angegriffen werden konnte. Für den Zeitraum zwischen dem 1.1.2012 bis zum 31.12.2013 ist ein Haushaltsführungsschaden nicht mehr durchsetzbar.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 11/2017, S. 620 - 622

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