Dabei ist auch zu beachten, dass bei tatsächlich unfallbedingten psychischen Beeinträchtigungen in vielen Fällen eine entsprechende psychische Vorbelastung vorhanden gewesen ist. Diese bestimmt zugleich mit, welche konkreten Anforderungen an die Schwere des Unfallereignisses als Auslöser für eine psychische Fehlverarbeitung zu stellen sind. Dies bedeutet, dass ohne genaue Angaben des Geschädigten zu vorher bestehenden psychischen Belastungen bzw. insoweit bereits eingeleiteten Behandlungen eine genaue Beurteilung des Falles gar nicht möglich ist. Ansonsten wird die ggf. gebotene Abgrenzung zwischen vorher bestehenden Beeinträchtigungen und ggf. durch das Unfallereignis erfolgten Verschlimmerungen gar nicht möglich sein[36] und es kann auch nicht überprüft werden, ob das Unfallereignis nur zu einer zeitlich begrenzten Verschlimmerung unfallunabhängiger bereits vorbestehender psychischer Leiden[37] geführt hat. Eine besondere Bedeutung kommt daher dem Vorerkrankungsverzeichnis zu, welches bei der entsprechenden Krankenkasse mit Zustimmung des Geschädigten anzufordern ist. Dies hat das Gericht entsprechend entweder von sich aus mit einer Vorlageanordnung nach § 142 ZPO zu veranlassen oder aber dafür Sorge zu tragen, dass dem eingeschalteten Sachverständigen im Rahmen seiner Begutachtung mit einer entsprechenden Schweigepflichtsentbindungserklärung diese Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.[38] Im Übrigen besteht zu diesen Gesichtspunkten eine umfassende sekundäre Darlegungslast des Geschädigten.

[36] OLG München, Urt. v. 29.4.2011 – 10 U 4208/10, juris.
[37] OLG Hamm, Urt. v. 21.8.2000 – 6 U 149/99 = VersR 2002, 44.
[38] OLG München, Urt. v. 29.4.2011 – 10 U 4208/10, juris.

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