Vom OLG Brandenburg stammen sehr viele wichtige Urteile zum Verfahrensrecht, die leider manchmal erst aus der Versenkung der Datenbanken gehoben werden müssen, weil sie oftmals nicht mit Leitsatzvorschlag zur Veröffentlichung übersandt werden. Zur Frage der Zustellung an den Verteidiger hat sich das OLG mehrfach geäußert und hat auch hier im Ergebnis Recht, jedoch nicht zwingend auf dem Weg dorthin. Denn § 51 Abs. 3 OWiG hat mit der Urteilszustellung nichts mehr zu tun; Diese Norm bezieht sich nur auf die Zustellung des Bußgeldbescheids. Die Zustellung des Urteils hingegen hat über §§ 71 OWiG, 145a StPO an den Verteidiger zu erfolgen. Das schadet aber – wie gesagt im Ergebnis – nicht, denn auch § 145a StPO hat eine Wortlautänderung erfahren. Die ebenso wie bei § 51 OWiG erfolgte Gesetzesänderung ermöglicht inzwischen auch die elektronische Einreichung einer Verteidigervollmacht, was im neuen § 145a Abs. 1 S. 2 StPO klargestellt ist, der die Übersendung einer digitalen Kopie der Vollmachtsurkunde genügen lässt.

Dass eine Bevollmächtigung lediglich anwaltlich versichert wird, reicht dagegen nicht (BGH BeckRS 2021, 36092; OLG Brandenburg BeckRS 2022, 10330). Eine an den Verteidiger bewirkte Zustellung wäre bei dieser Sachlage unwirksam (vgl. OLG Karlsruhe BeckRS 2020, 34187). Liegen jedoch – wie auch im vorliegenden Fall – andere Erkenntnisse oder Bestätigungen über die bestehende Vollmacht vor, so kann an den Verteidiger wirksam zugestellt werden (vgl. BayObLG BeckRS 2022, 11546; OLG Brandenburg BeckRS 2023, 6321). Einzig irritierend ist dabei noch die Frage, warum es überhaupt auf die elektronische Vollmacht, die in der Hauptverhandlung vorgezeigt wurde, ankommen sollte: Der Betroffene war schon vorher entbunden worden und wenn dies nicht auf eigenen Antrag des Betroffenen erfolgt sein sollte, wäre schon hier die Vorlage einer Vollmacht, schriftlich oder elektronisch, notwendig gewesen, § 73 Abs. 3 OWiG. In jedem Fall ist ein solcher Nachweis der Bevollmächtigung nicht an eine besondere Form gebunden (BeckOK StPO/Krawczyk StPO § 145a Rn 8).

Wichtig zu erinnern ist dabei jedoch stets, dass die Vorschrift des § 145a Abs. 1 StPO eine bloße Ordnungsvorschrift ist und keine Rechtspflicht begründet, Zustellungen für die Betroffene an deren Verteidiger zu bewirken. Daher sind auch an die Betroffene vorgenommene Zustellungen wirksam und setzen Rechtsmittelfristen in Gang (OLG Brandenburg BeckRS 2022, 24631; BeckRS 2022, 27883). Zudem muss der Verteidiger nur über den Zustellungsvorgang an sich unterrichtet werden, § 145a Abs. 3 S. 2 StPO, nicht jedoch über den Zeitpunkt der Zustellung an den Betroffenen (BayObLG BeckRS 2023, 4786).

RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

zfs 10/2023, S. 589 - 591

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