Das AG hat die Angeklagte wegen "gemeinschaftlich begangener" Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer zu einer Geldstrafe verurteilt. Ferner wurde der beschlagnahmte Sekundenkleber eingezogen. Nach den getroffenen Feststellungen beteiligte sich die Angeklagte von 8:00 bis 9:40 Uhr auf dem Autobahnzubringer A 111 an einer Straßenblockade der Gruppierung "Aufstand der letzten Generation", bei der sich sie und drei weitere Personen aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans auf die Fahrbahn der viel befahrenen Straße setzten, um so die auf der Straße befindlichen Fahrzeugführer bis zur Räumung der Blockade durch Polizeibeamte an der Fortsetzung ihrer Fahrt zu hindern. Wie von ihr beabsichtigt, kam es aufgrund der Blockade bis zu deren Auflösung zu einer erheblichen Verkehrsbeeinträchtigung in Form eines ca. 60 Minuten andauernden Rückstaus zahlreicher Fahrzeuge über mehrere hundert Meter. Zur Erschwerung der erwarteten polizeilichen Maßnahmen zur Räumung der Blockade befestigte sie zeitgleich ihre rechte Hand mit Sekundenkleber auf der Fahrbahn, so dass die Polizeibeamten sie erst nach Lösung des Klebstoffs, die eine bis eineinhalb Minuten in Anspruch nahm, von der Straße tragen konnten.

Die Einlassung der Angeklagten hat das AG wie folgt wiedergegeben: "Die Angeklagte ist der Ansicht, dass ihre Tathandlung entweder schon tatbestandlich wegen fehlender Verwerflichkeit bzw. keine Widerstandshandlung sei oder die Tat jedenfalls angesichts des gegenwärtigen Klimawandels gerechtfertigt sei, um durch diese Aktion die Bundesregierung zu weiteren Maßnahmen gegen den Klimawandel aufzurufen. Ziel der Aktion sei nicht die Blockade, sondern eine vernünftige Klimapolitik. Die Freiheitsrechte der Kraftfahrer seien angesichts des überragenden Klimaschutzes nicht wesentlich beeinträchtigt worden; die Einschränkungen der Kraftfahrer seien angemessen und verhältnismäßig gewesen. Die gesamte Aktion sei gewaltfrei verlaufen, auch sei niemand beleidigt worden."

Zur Verwerflichkeit der Tat im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB hat das Amtsgericht ausgeführt, unter Berücksichtigung der Vielzahl der beeinträchtigten Personen, der fehlenden Ankündigung der Aktionen, der jeweils teilweisen Dringlichkeit der blockierten Transporte und des fehlenden konkreten Sachbezugs zwischen den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen und dem Protestgegenstand müsse die Versammlungsfreiheit im Rahmen der Gesamtabwägung zurücktreten.

Das KG hat auf die Revision der Angeklagten das Urteil des AG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

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