Welcher Maßstab an die Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzulegen ist, ist in der Rechtsprechung auch der Instanzgerichte seit vielen Jahren umstritten.

1. Objektiver Maßstab

Nach einer Mindermeinung beurteilt sich die Notwendigkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allein nach einem objektiven Maßstab. Es kommt danach somit nicht darauf an, ob dem Erstattungsberechtigten zum Zeitpunkt der Aufwendung seiner Kosten bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass der Gegner das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme seines Antrags, der Klageschrift oder der Rechtsmittelschrift bereits beendet hatte. So hat das OLG Brandenburg[7] die für das Einreichen eines Berufungsrückweisungsantrags in Unkenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Berufungsrücknahme angefallene Verfahrensgebühr des Berufungsbeklagten nicht als erstattungsfähig angesehen. Vergleichbar hat das OLG Düsseldorf[8] für die Erstattungsfähigkeit der für den Klageabweisungsantrag im Falle der zwischenzeitlichen Klagerücknahme entstandenen Verfahrensgebühr entschieden.

[7] RVGreport 2010, 194 (Hansens).
[8] RVGreport 2009, 22 (Hansens) = AGS 2008, 623 = JurBüro 2009, 37.

2. Subjektiver Maßstab

Die weit überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte bezieht in die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit auch die subjektive Sicht des Erstattungsberechtigten bzw. seines Prozessbevollmächtigten mit ein. Danach sind die Kosten des Beklagten oder Antragsgegners bzw. des Rechtsmittelbeklagten oder Rechtsmittelgegners auch dann erstattungsfähig, wenn weder ihm noch seinem Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten im Zeitpunkt der die Verfahrensgebühr auslösenden Anwaltstätigkeit bekannt war oder bekannt sein musste, dass die Klage, der Antrag bzw. das Rechtsmittel der Gegenseite bereits zurückgenommen war.[9]

[9] KG JurBüro 1974, 1271 und NJW 1975, 125; OLG Hamburg JurBüro 1998, 303 und RVGreport 2013, 439 (Hansens); OLG Köln JurBüro 1991, 930 und JurBüro 1995, 641; OLG Naumburg JurBüro 2003, 419 = AGS 2003, 324 mit Anm. N. Schneider; OLG Oldenburg JurBüro 1987, 682 für die Rücknahme eines Verfügungsantrags; OLG Celle RVGreport 2010, 195 (ders.); OLG München AnwBl. 1985, 44 und zfs 2011, 169 mit Anm. Hansens = RVGreport 2011, 29 (ders.) = AGS 2011, 44 = JurBüro 2011, 90; OLG Hamm RVGreport 2013, 63 (ders.); OLG Hamburg RVGreport 2013, 439 (ders.); OLG Frankfurt JurBüro 1983, 83 und RVGreport 2015, 186 (ders.); Hansens RVGreport 2014, 95, 97.

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