Der Geschädigte muss zunächst nachweisen, dass er gerade an dem von ihm behaupteten Ort zu Sturz gekommen war. Die Sturzörtlichkeit ist entscheidend, um gegen den richtigen Verkehrssicherungspflichtigen vorgehen zu können. Es ist daher relevant, vor welchem Anwesen der Geschädigte zu Sturz kam, ob auf dem Gehweg, auf der Fahrbahn oder einem Fußgängerüberweg. Bei einem Sturzunfall in einer Fußgängerzone ist entscheidungserheblich, ob der Geschädigte unmittelbar vor einem Geschäft zu Sturz kam oder in einem anderen Bereich. Abhängig von der exakten Sturzstelle können der Geschäftsinhaber, die Wohnungseigentümer oder die Gemeinde zur Räumung und Bestreuung verpflichtet gewesen sein.

Häufig erfährt der Verkehrssicherungspflichtige nicht am Unfalltag, sondern erst einige Zeit später von einem Sturzunfall. Vielfach existieren auch keine Zeugen, welche die genaue Unfallstelle bestätigen könnten. Im Verfahren wird der Verkehrssicherungspflichtige mit Nichtwissen bestreiten, dass der Geschädigte an der geltend gemachten Unfallstelle zu Sturz kam. Dies ist insbesondere dann gem. § 138 IV ZPO zulässig, wenn er erst nachträglich von dem Vorfall erfahren hat.

Die Beweislast des Geschädigten in diesem Punkt macht häufig eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich. Die förmliche Parteieinvernahme des Geschädigten gem. §§ 447 f. ZPO kommt meist nicht in Betracht, weil diese voraussetzt, dass das Gericht bereits zu einem gewissen Grad überzeugt ist und sich mit diesem Beweismittel die letzte Gewissheit verschaffen will. Allerdings ist der Geschädigte informatorisch anzuhören.

Gelingt es dem Geschädigten nicht, die genaue Unfallstelle nachzuweisen und existierten abhängig von der Unfallstelle verschiedene Anspruchsgegner, ist eine Klage ggf. als unbegründet abzuweisen.

So führte das AG Regensburg am 3.2.2010[72] in seinen Entscheidungsgründen aus:

"Ihren eigenen Angaben zufolge war sie bei dem Sturz alleine, weshalb ihr kein unmittelbarer Zeuge zur Verfügung steht. … Eine Einvernahme der Klägerin auf ihren Antrag hin gemäß § 447 ZPO kam mangels Einverständnis der Beklagtenseite nicht in Betracht. Das Gericht hat von einer Einvernahme der Klägerin als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO abgesehen, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen. § 448 ZPO setzt eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache voraus. Stehen sich Parteibehauptungen gänzlich beweislos gegenüber, ist § 448 ZPO unanwendbar (Thomas-Putzo, ZPO, 29. Auflage, § 448 Rn 2). Eine Anfangswahrscheinlichkeit dafür, dass die Klägerin gerade vor dem Anwesen des Beklagten zu Sturz kam, ist nicht ersichtlich. Ebenso ist denkbar, dass die Klägerin an einem beliebigen anderen Ort gestürzt ist. Selbst wenn man unterstellt, dass am Tag vor und nach dem Sturz im H.-Weg nur der vor dem Anwesen des Beklagten befindliche Bürgersteig nicht ausreichend geräumt und gestreut gewesen ist, begründet dies keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Klägerin vor dem Anwesen des Beklagten wegen Glätte zu Sturz gekommen ist. Denkbar ist ebenso, dass die Klägerin aus Unachtsamkeit schlichtweg gestolpert ist. Auch ein gänzlich anderer Unfallort, beispielsweise an einer anderen Straße ist nicht ausschließbar. Zwar machte die Klägerin auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck. Würde man jedoch allein dies für eine Parteieinvernahme von Amts wegen ausreichen lassen, würde dies in der Konsequenz gleichsam zu einer Umkehrung der Beweislast führen. Dies ließe sich mit den Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast nicht in Einklang bringen. Aus vorstehenden Erwägungen kam die Anwendung des § 448 ZPO nicht in Betracht. Da die Klägerin beweisfällig blieb, war die Klage abzuweisen."

[72] AG Regensburg, 3.2.2010 – 8 C 2591/09, unveröffentlicht.

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