“ …

[6] a) Nach der Rspr. des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 153, 235 und Beschl. v. 23.5.2006 – VI ZB 7/05 – VersR 2006, 1236, 1237) können die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als “Kosten des Rechtsstreits’ i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, was hier noch nicht einmal geschehen ist, sondern das Gutachten muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.

[7] b) Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen.

[8] c) Der Senat (BGHZ 153, 235, 237 f.) hat dies für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht worden war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte.

[9] d) Mit Beschl. v. 23.5.2006 – VI ZB 7/05 – (a.a.O.) hat der Senat die Erstattungsfähigkeit auch in einem Fall bejaht, in dem das Sachverständigengutachten zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der Regel keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten auf Grund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrages erstellt oder auf Grund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrages. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 238), zumal die Kosten des Sachverständigengutachtens erst nach seiner Erstellung – und damit nach Klageandrohung – entstanden sind.

[10] 2. Ob auch die Kosten eines vorprozessual erstellten Privatgutachtens prozessbezogen und in einem späteren Kostenfestsetzungsverfahren als Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig sein können, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Im Streitfall diente das vorprozessual erstellte Privatgutachten nach dem von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Vorbringen der Beklagten zu 2) und 3) nämlich lediglich der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage, ob es sich um ein vorgetäuschtes Unfallgeschehen handelte, und damit um eine Prüfung der Einstandspflicht, welche die Partei grundsätzlich in eigener Verantwortung vorzunehmen hat. Den dadurch entstehenden Aufwand hat sie mithin grundsätzlich selbst zu tragen (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 236 f.). Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen lediglich vorgetäuschten Verkehrsunfall und einen bevorstehenden Versuch eines Versicherungsbetrugs sprechen und deshalb zu besorgen ist, dass ohne die zeitnahe Einschaltung eines Privatsachverständigen Beweismittel für einen späteren Prozess verloren gehen oder ihre Benutzung erschwert wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem Vorbringen der Beklagten sind solche konkreten Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Fahrzeuge der Beklagten zu 2) in der Vergangenheit häufig für manipulierte Verkehrsunfälle benutzt wurden, reicht für sich allein nicht aus, um die Kosten für die Einholung vorgerichtlicher Privatgutachten zur generellen Prüfung dieser Frage zu “Kosten des Rechtsstreits’ i.S.d. § 91 ZPO und damit zum Gegenstand eines späteren Kostenfestsetzungsverfahrens zu machen. … “

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