Die Kosten eines Privatgutachtens sind nur dann als prozesszugehörig anzusehen, wenn die Tätigkeit des Privatgutachters in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit steht. Dies hat der VI. ZS des BGH in zwei Fallgestaltungen bejaht.

  • Zum Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtenauftrages war die Klage bereits angedroht (NJW 2003, 1398 = BRAGOreport 2003, 96 (Hansens) = AGS 2003, 178 mit Anm. Leupertz = JurBüro 2003, 309).
  • Der Gutachter war mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens zwar bereits vor der Klageandrohung beauftragt worden, das Sachverständigengutachten wurde jedoch erst nach Klageandrohung erstellt (NJW 2006, 2415 = RVGreport 2006, 315 (Hansens) = AGS 2006, 461 mit Anm. Onderka).

Ob – wie es hier der Fall war – die Kosten eines bereits am Vorfallstag beauftragten Privatgutachters prozessbezogen sein können, hat der BGH offen gelassen. Aus den Einlassungen der Beklagten zu 2 und 3 ergab sich nämlich, dass die Einschaltung des Privatgutachters lediglich der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage diente, ob es sich um ein vorgetäuschtes Unfallgeschehen handelte.

Unter Umständen sind in einem solchen Fall die Kosten eines Privatgutachters prozessbezogen, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen lediglich vorgetäuschten Verkehrsunfall und einen bevorstehenden Versuch eines Versicherungsbetrugs sprechen und deshalb zu besorgen ist, dass ohne die zeitnahe Einschaltung eines Privatgutachters Beweismittel für einen späteren Prozess verlorengehen oder ihre Benutzung beschwert wird. Hierzu muss jedoch die erstattungsberechtigte Partei konkrete Anhaltspunkte vortragen.

Sind die Kosten des eingeschalteten Privatgutachters prozessbezogen, so sind sie dann notwendige Kosten des Rechtsstreits, wenn der in Anspruch genommene Halter oder seine Haftpflichtversicherung auf Grund des gegnerischen Vorbringens Zweifel an der Schilderung des Unfallablaufs und/oder an der Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs haben können, so BGH NJW 2006, 2415. In einem solchen Fall ist es unschädlich, wenn das Privatgutachten nicht nur die Position in dem angedrohten Rechtsstreit stützen soll, sondern auch einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen kann, so BGH NJW 2003,1398.

Heinz Hansens

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge