Beauftragt der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall, für den der Schädiger zu 100 % haftet, einen Privatsachverständigen mit der Schadensermittlung und gelangt dieser Sachverständige zu den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten (wirtschaftlicher Totalschaden), darf der Geschädigte das Fahrzeug zu dem im Gutachten angegebenen Restwert veräußern, wenn er bei dem Verkauf davon ausgehen darf, zu dem objektiv "richtigen" Wert zu veräußern.

Hat der Geschädigte das Gutachten an die gegnerische Versicherung übersandt und gleichzeitig – unter Fristsetzung – darauf hingewiesen, dass er nach Fristablauf das Fahrzeug an den höchstbietenden Restwertaufkäufer veräußern werde, ohne dass die Versicherung innerhalb der (angemessen) gesetzten Frist reagiert, kann sich die Versicherung – unter Berufung auf zwischenzeitlich ermittelte, deutlich günstigere Reparaturkosten, die einem wirtschaftlichen Totalschaden entgegenstehen – nicht im Nachhinein (also nach Veräußerung des Fahrzeugs) darauf berufen, der Geschädigte habe sich nicht entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot verhalten; dies gilt selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, dass die Feststellungen in dem von dem Geschädigten in Auftrag gegebenen Gutachten (für diesen nicht erkennbar) nicht fachgerecht oder zumindest auch anders vertretbar sein sollten.

OLG Koblenz, Verfügung vom 1.2.2022 – 12 U 2148/21

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