Weil es bei den Kfz-Unfällen um Massengeschehen geht, das man statistisch ordnen, typisieren und programmieren kann, konkurrieren seit mindestens einem Vierteljahrhundert bei uns auch Quotentabellen zur Halterhaftung nach § 17 StVG.[8] Sie sollen die Schadensabwicklung leichter, schneller, berechenbarer und natürlich auch gerechter machen. In erster Linie sind sie erstellt zur Förderung der außergerichtlichen Schadensabwicklung, die bei etwa 98 % der Fälle gelingt; aber natürlich auch als Leitlinien für den Haftungsrichter – und vice versa: denn wenn auch nur 2 % der Fälle zu den Gerichten kommen, diktieren doch die Haftungsquoten für diese Fälle auch die Verhandlungen der Anwälte mit den Schadenssachbearbeitern in den übrigen 98 % der Fälle mit.

Nach Deichmann und Schweitzer auf dem Verkehrsgerichtstag 1969[9] hat Jordan auf dem Verkehrsgerichtstag 1985 den Versuch unternommen, die Haftungsrichter auf seine Hamburger Quotentabelle einzuschwören.[10] Sein Kassandraruf: Divergenzen zwischen den Urteilen beruhen auf Haftungsquoten, die als Produkt blinden Zufalls erscheinen: keine Ausbildung junger Juristen im Verkehrsrecht, zu wenig spezialisierte Spruchkörper, zu häufiger Dezernatwechsel. Auch: die Krux, dass die Quote auf einer Ermessensentscheidung des Tatrichters beruht. Sein Dogma: iudex non facile recedere debet – der Richter darf nicht leichthin abweichen. Eine überregional anerkannte Quotentabelle könne zu einer gleichmäßigen, überschaubaren Rechtsprechung und Regulierungspraxis führen.

Einen ähnlichen Anspruch haben die Berliner und Münchener Quotentabellen erhoben.

[8] Hamburger Quotentabelle von Bursch/Jordan: Auszug VersR 1985, 519 ff; Berliner Quotentabelle von Berger; Münchener Quotentabelle von Brüsken/Krumbholz/Thiermann/Paul NZV 1988, 168 ff. und NZV 2000, 441 ff.; daneben Entscheidngssammlungen des ADAC von Splitter/Kuhn mit einer tabellarischen Ordnung und die noch umfangreichere Entscheidungssammlung des Bundesrichters Grüneberg, derzeit in 11. Auflage.
[9] 7. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1969, 100 ff., 141 ff.
[10] 23. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1985, 231 ff.; vgl. auch Bursch/Jordan VersR 1985, 512 ff.

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