Eine gesetzliche Verpflichtung zum Tragen von Schutzkleidung und -schuhen existiert seit dem 10.12.2020 lediglich für die Fahrprüfung gem. Nr. 2.2.18 der Anlage 7 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Danach müssen die Prüflinge geeignete Motorradschutzkleidung, bestehend aus einem passenden Motorradhelm, Motorradhandschuhen, einer eng anliegenden Motorradjacke, einem Rückenprotektor (falls nicht in Motorradjacke integriert), einer Motorradhose und Motorradstiefeln mit ausreichendem Knöchelschutz tragen. Nach Anlage 2.1 zu § 4 Fahrschüler-Ausbildungsverordnung sind die Anforderungen an geeignete Schutzkleidung im Rahmen der theoretischen Fahrstunden zu behandeln. Im Übrigen sieht das Gesetz bei offenen Kraftfahrzeugen mit mehr als 20 km/h jedoch lediglich die Helmpflicht vor, gem. § 21a Abs. 2 S. 1 StVO – falls keine Rahmenkonstruktion mit Gurtsystem vorhanden ist.[3]

Sofern man in der aktuellen Ergänzung zur FeV einen Erst-Recht-Schluss von der Fahrprüfung auf die Fahrpraxis ziehen wollte, lässt sich zum einen entgegenhalten, dass es für eine analoge Anwendung an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Zum anderen gilt zu bedenken, dass beim Fahrschüler im Gegensatz zum "fertigen" Fahrer das sichere Führen des Kraftrades noch nicht vermutet wird. Dies mag auch erklären, weshalb die Schutzkleidung in der Ausbildung thematisiert, jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.[4]

Letztlich wird heutzutage niemand mehr ernstlich die Sinnhaftigkeit der Gurtpflicht in Pkw bestreiten. Dennoch stellt § 21a Abs. 1 S. 1 StVG nur auf "vorgeschriebene" Gurtsysteme ab, was die Gurtpflicht für vor 1974 bzw. vor 1984 zugelassene Oldtimer im Originalzustand entfallen lässt. Ein Großteil der Oldtimerfahrer wird zwischenzeitlich meist jünger sein als ihr Fahrzeug und ihnen wird das Anlegen des Sicherheitsgurtes (soweit vorhanden) seit der ersten Fahrstunde in Fleisch und Blut übergegangen sein. Wären beim Unfall eines Oldtimers Verletzungen durch einen vorhandenen Sicherheitsgurt vermieden worden, sieht die ständige Rechtsprechung dennoch keine Mithaftung des Verletzten.[5] Der Rückschluss auf die Fahrprüfung ist also kein durchgreifendes Argument für eine Mithaftung.

[3] Vgl. zu den Ausnahmen: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Hühnermann, StVO 26. Aufl. 2020, § 21a Rn. 9.
[4] So auch das OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.9.2019 = r+s 2020. 478 (480).
[5] OLG Saarland, Urt. v. 27.8.1998 – 3 U 1018/97 = NZV 1999, 510 ff.; LG Köln, Urt. v. 8.11.2007 – 2 O 497/06 = DAR 2008, 707 f.; LG Heidelberg, Urt. v. 13.3.2014 - 2 O 203/13 = NZV 2014, 466 (467).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge