“ … II. Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet.

Dem Kl. steht ein Anspruch aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag der Parteien auf Freistellung von den restlichen Kosten des Strafverfahrens und Zahlung an die Landesoberkasse Baden-Württemberg zu. Der Anspruch ist nicht aufgrund der vorgetragenen unstreitigen Regelung in den Versicherungsbedingungen auflösend bedingt gewesen und wieder teilweise entfallen.

1. Mit Recht weist die Berufung allerdings darauf hin, dass die Auffassung des AG, Versicherungsschutz bestünde bei einer Vorsatztat (hier Unfallflucht) auch dann, wenn zunächst lediglich wegen Vollrauschs angeklagt worden war, im Wortlaut der Klausel keine Grundlage findet. Die zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg (NJW-RR 2005, 1548 f.) befasst sich mit der hier irrelevanten Problematik, ob Versicherungsschutz besteht, wenn der VN wegen fahrlässigen Vollrauschs verurteilt wird und es sich bei der im Rausch begangenen Tat um ein Vorsatzdelikt handelt.

Die Kammer teilt auch nicht die Ansicht des Kl., wonach § 2i aa ARB den Forderungen des Transparenzgebotes widerspricht und schon deshalb unwirksam ist. Die Klausel ist zunächst einmal klar und auch aus Sicht des durchschnittlichen VN sofort verständlich. Die Schwierigkeit ergibt sich erst bei der Bestimmung der Höhe des zu erstattenden Betrags und nur, wenn zugleich eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen und wegen eines fahrlässigen Vergehens erfolgte; Kosten, die auf das eine und/oder das andere Vergehen entfallen, werden im Strafverfahren nicht gesondert ausgewiesen.

Eine Unklarheit entsteht schließlich vorliegend auch nicht, weil die Kosten erst nachträglich festgesetzt wurden. Die Kosten eines Strafverfahrens werden immer nach der Verurteilung in Rechnung gestellt, von eventuellen Verteidigervorschüssen abgesehen.

Wenn der Rechtsschutzversicherer noch nicht alle Kosten bezahlt hat, kann er die Zahlung verweigern, soweit er sie nach § 2i aa ARB zurückfordern kann.

2. Die Berufung bleibt dennoch erfolglos. Die Bekl. hat nämlich nicht dargelegt, ob und welche zusätzlichen, abgrenzbaren Verfahrenskosten nur durch die Verteidigung gegen die letztlich erfolgte Verurteilung wegen (nur vorsätzlich begehbaren) unerlaubten Entfernens vom Unfallort entstanden sind.

Nach der unstreitigen Regelung in § 2 ARB umfasst der Versicherungsschutz vorliegend Strafrechtsschutz für die Verteidigung wegen des Vorwurfs eines verkehrsrechtlichen Vergehens. Dies meint alle Kosten, die im Strafverfahren anfallen, also auch Gerichtsgebühren und Auslagen; dass die festgesetzten Kosten an sich vom Versicherungsschutz erfasst werden ist unstreitig.

Soweit in Rspr. und Literatur bei gleichzeitiger Verurteilung wegen eines vorsätzlichen und wegen eines fahrlässigen Vergehens vertreten wird, den Kostenerstattungsanspruch des VN nach dem Gewicht der Taten zu quoteln (LG Duisburg RuS 1997, 117; AG Marl RuS 1997, 337 nach den gesetzlichen Strafrahmen; LG Karlsruhe RuS 1993, 66; Harbauer-Stahl, Rechtschutzversicherung, ARB 2000 § 2 Rn 277; Prölss/Martin-Armbrüster, 28. Aufl., § 2 ARB 2008 Rn 47; wohl auch van Bühren/Plote, ARB, 2. Aufl., § 2 Rn 66) folgt die Kammer dem nicht. Neben praktischen Anwendungsproblemen (würde man vorliegend bei den drei tatmehrheitlichen Vergehen allein auf die der Gesamtstrafe zugrunde liegenden Einsatzstrafen abstellen, hätte die Bekl. 5/8 der Kosten zu tragen: wie bei Tateinheit das Gewicht und damit eine Quote bestimmt werden sollte, ist unklar), lässt sich die zitierte Auslegung der Klausel nach Auffassung der Kammer nicht mehr mit deren Wortlaut vereinbaren, da dieser nicht auf die Schwere des strafrechtlichen Vorwurfs, sondern auf die für die Verteidigung wegen des Vorwurfs eines vorsätzlichen Verhaltens entstandenen Kosten abstellt. Eine am Wortlaut orientierte Auslegung der Klausel führt vielmehr dazu, dass diese nur ausscheidbare Kosten erfasst, die bei der Verteidigung wegen der – vorliegend tatmehrheitlichen – beiden Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs nicht angefallen wären (so im Ergebnis Schneider, zfs 2008, 249, 250; Harbauer-Stahl, a.a.O. Rn 261 a.E. – jeweils die nach Umstellung des Vorwurfes von Fahrlässigkeit auf Vorsatz entstandenen Kosten betreffend; vgl. auch den in § 305c Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken). Solche Kosten hat die Bekl. trotz entsprechenden Hinweises nicht darlegen können. Das im Strafverfahren eingeholte (kostenträchtige) Gutachten hat zwar auch die Schuldfähigkeit des Kl. beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort umfasst; ob das Gutachten hierdurch und wenn ja um wie viel teurer wurde, ist jedoch nicht dargetan. Kriterien für eine solche Bestimmung im Nachhinein sind vorliegend auch nicht zu erkennen. Welche sonstigen Kosten (etwa Zeugenentschädigungen, Gerichtsgebühren) lediglich im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen die Vorsatztat entstanden sind, ist ebenfalls nicht vorgetragen oder offensichtlich. … “

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