“ … Der Antrag auf Zulassung der Berufung war abzulehnen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Entgegen der Zulassungsbegründung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) deshalb, weil die materiellen Voraussetzungen für die Anforderung eines fachärztlichen Gutachtens nach § 11 Abs. 2 FeV nicht vorgelegen hätten. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschl. v. 4.4.2012 – 11 CS 12.383) verwiesen. Die Zulassungsbegründung trägt insoweit keine neuen Argumente vor.

2. Ernstliche Zweifel liegen hier auch nicht im Hinblick darauf vor, dass die Fahrerlaubnisbehörde es entgegen § 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 FeV unterlassen hat, dem Kl. mitzuteilen, dass er die (dem Facharzt) zu übersendenden Unterlagen einsehen kann.

Nach st. Rspr. des Senats (vgl. z.B. Beschl. v. 15.11.2010 – 11 C 10.2329) kommt es zwar entscheidungserheblich darauf an, ob der Bekl. vom Kl. zu Recht die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens verlangt hat und aus der Nichtvorlage eines solchen Gutachtens gem. § 11 Abs. 8 FeV auf die Fahrungeeignetheit des Kl. geschlossen werden durfte. Das setzt im Wesentlichen voraus, dass

Tatsachen vorlagen, die geeignet waren, im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt Bedenken gegen die Fahreignung des Kl. zu begründen (vgl. § 11 Abs. 2 S. 1 und 2 FeV);
die aufzuklärenden Fragestellungen in den Kompetenzbereich eines Facharztes für Psychiatrie oder Neurologie fallen (vgl. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 FeV);
die von dem Bekl. vorgegebene Fragestellung den sich aus § 11 Abs. 6 S. 1 FeV ergebenden Anforderungen genügt;
der Bekl. den durch § 11 Abs. 6 S. 2 und 4 FeV vorgeschriebenen Informationspflichten nachgekommen ist, und
keine Gesichtspunkte inmitten stehen, im Hinblick auf die ausnahmsweise von der durch § 11 Abs. 8 FeV eröffneten Befugnis nicht Gebrauch gemacht werden darf.

Die an einen Fahrerlaubnisinhaber gerichtete Aufforderung, ein fachärztliches Eignungsgutachten i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 3 FeV beizubringen, setzt u.a. voraus, dass die Fahrerlaubnisbehörde dem Betr. (in verständlicher und nachvollziehbarer Weise) die Gründe für die Zweifel an seiner Eignung darlegt und die für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen angibt (§ 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 1 FeV); außerdem teilt sie ihm gem. § 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 FeV mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Mit den in § 11 Abs. 6 S. 2 FeV geregelten Unterrichtungs- und Informationspflichten (i.V.m. der der Behörde in S. 1 der Vorschrift auferlegten Verpflichtung, die Fragestellung für die Begutachtung konkret festzulegen) soll der betroffene Fahrerlaubnisinhaber in die Lage versetzt werden, sich frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob die an ihn gerichtete Gutachtensanordnung rechtmäßig oder – mit der Folge, dass er sich ihr verweigern kann, ohne die negativen Folgen des § 11 Abs. 8 FeV befürchten zu müssen – rechtswidrig ist. Zugleich soll er sich für den Fall der Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung auch darüber schlüssig werden können, ob er die mit einer Begutachtung regelmäßig verbundenen Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht und/oder sein Recht auf körperliche Unversehrtheit hinnehmen oder sich – mit der Gefahr, seine Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen – einer entsprechenden Begutachtung verweigern will. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass eine Gutachtensanordnung nicht isoliert mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.5.1994 – 11 B 157/93, DAR 1994, 372 m.w.N.), kann auf die strikte Einhaltung der vom Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.5.2008 – 11 CS 08.616, Rn 48, 50; Beschl. v. 28.9.2006 – 11 CS 06.732, Rn 20, 22, <jew. juris>).

Der Senat hat bisher nicht entschieden, ob allein die fehlende Mitteilung über die Einsichtsmöglichkeit in die zu übersendenden Unterlagen nach § 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 FeV zur Rechtwidrigkeit der Gutachtensanforderung mit der Folge führt, dass der Fahrerlaubnisinhaber berechtigt ist, die Beibringung des Gutachtens zu verweigern, ohne die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 S. 1 FeV befürchten zu müssen. Das bedarf auch hier keiner grundsätzlichen Entscheidung. Andererseits lässt der Senat ausdrücklich offen, ob er der Rspr. des HessVGH folgt, wonach es sich bei der Vorschrift des § 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 FeV nur um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung (nie) zu einer Aufhebung einer im Anschluss daran ergangenen Entziehung der Fahrerlaubnis führt (HessVGH, Urt. v. 26.5.2011 – 2 B 550/11 <juris Rn 6 ff.>).

Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem der Fahrerlaubnisinhaber durch eine Einsicht in die zu übersendenden Unterlagen keinen anderen Kenntnisstand erlangen konnte als ohne Einsicht, weil die Fahrerlaubnisbehörde dem Betr. in der notwendigen Darlegung der Gründe gem. § 11 Abs. 6 S. 2 Hs. 1 FeV de...

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