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[7] Nach Auffassung des BG stehen dem Kl. keine Schadensersatzansprüche gegen die Bekl. zu. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB schieden aus, weil der Kl. weder die Begehung eines der Bekl. zurechenbaren Betrugs noch das Vorhandensein eines ihm zu erstattenden Schadens schlüssig dargelegt habe. Es fehle an ausreichendem Vortrag dazu, wer aus dem in Betracht kommenden Täterkreis den vom Kl. angenommenen Betrugstatbestand verwirklicht habe. Unzureichend sei insbesondere der Vortrag, es sei davon auszugehen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter der Bekl. die Anordnung getroffen habe, die streitgegenständliche Software in den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs einzubauen. Hierbei handele es sich um eine durch keine Tatsachen unterlegte Vermutung des Kl., der die Verwirklichung des Tatbestands durch eine oder mehrere dem Personenkreis des § 31 BGB zuzurechnende Personen habe darlegen müssen. Dem Kl. kämen auch die Grundsätze der sekundären Darlegungslast nicht zugute mit der Folge, dass die Bekl. keine Angaben zur Entwicklung und Installation der Steuerungssoftware und zur Kenntnis von Vorstandsmitgliedern oder leitenden Mitarbeitern hiervon machen müsse. Unabhängig davon habe der Kl. auch das Vorliegen eines Schadens nicht dargelegt. Zwar sei das Fahrzeug infolge des Einbaus der abgasbeeinflussenden Software zum Zeitpunkt des Kaufvertrags mit dem Risiko behaftet gewesen, die Zulassung zu verlieren. Der hierin liegende Schaden sei aber dadurch entfallen, dass die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs durch das Software-Update hergestellt worden sei.

[8] Der geltend gemachte Ersatzanspruch ergebe sich auch nicht aus § 826 BGB. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob der Kl. ein vorsätzlich sittenwidriges, Verhalten der Bekl. mit Substanz dargelegt habe, denn auch insoweit habe der Kl. nicht dargetan, welche Person aus dem Kreise der in § 31 BGB Genannten sich in dieser Weise verhalten habe. Abgesehen davon fehle es an dem erforderlichen Schaden des Kl. Zwar schütze § 826 BGB im Gegensatz zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB auch die Dispositionsfreiheit der Vertragsschließenden. Gleichwohl könnten spätere Veränderungen, die – wie hier das Software-Update – zum Wegfall des Schadens führten, nicht außer Betracht bleiben. Schließlich falle der geltend gemachte Schaden auch nicht unter den Schutzzweck des § 826 BGB. Der Schutzzweck der hier allein als verletzt in Betracht kommenden Bestimmungen in §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV und die ihnen zugrundeliegenden europarechtlichen Vorschriften dienten nicht dem Schutz individueller Interessen, sondern ausschließlich Interessen des Gemeinwohls.

[9] Ansprüche aus § 831 BGB kämen schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kl. Tathandlungen, die ein als Verrichtungsgehilfe einzustufender Mitarbeiter der Bekl. begangen haben sollte, nicht behauptet habe.

II.

[10] Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des BG kann ein Schadensersatzanspruch des Kl. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB nicht verneint werden.

[11] 1. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des BG, ein Anspruch aus § 826 BGB scheide bereits deshalb aus, weil der Kl. nicht substantiiert dargelegt habe, welche konkrete Person, deren Handeln sich die Bekl. gem. § 31 BGB zurechnen lassen müsste, den deliktischen Tatbestand verwirklicht habe.

[12] a) Das BG hat offengelassen, ob im Unternehmen der Bekl. im Zusammenhang mit der Verwendung der unzulässigen Motorsteuerungssoftware vorsätzlich sittenwidrig gehandelt wurde. Mangels abweichender Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Überprüfung deshalb der im Berufungsurteil wiedergegebene und dort konkret in Bezug genommene tatsächliche Vortrag des Kl. zu unterstellen. Danach hat die Bekl. bewusst und gewollt einen Mechanismus zur aktiven Unterdrückung der tatsächlichen Schadstoffemissionen im für die Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs relevanten Prüfmodus entwickelt, in unzählige Fahrzeuge eingebaut und die damit versehenen Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, um durch verfälschte Messergebnisse die Kaufentscheidungen von potentiellen Kaufinteressenten manipulierend zu beeinflussen und dadurch Kosten zu sparen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und ihren Umsatz zu steigern. Auf Seite 4 der vom BG konkret in Bezug genommenen Berufungsbegründung hat sich der Kl. darüber hinaus u.a. die Feststellungen des LGs Krefeld in seinem Urt. v. 28.2.2018 (7 O 10/17, juris Rn 43) wörtlich zu eigen gemacht, wonach die Bekl. mit der illegalen Abschalteinrichtung ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen habe, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sich wettbewerbsfähig zu halten, weil sie entweder nicht über eine Technik verfügt habe, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder aus Gewinnstreben den Einb...

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