Aus den Gründen: [1] „I. Bei einem Verkehrsunfall am 12.12.2006 wurde das Kraftfahrzeug des Klägers … beschädigt. Der Kläger ließ ein Schadensgutachten erstellen, in dem die Reparaturkosten auf 7.189,10 EUR, der Wiederbeschaffungswert auf 5.700 EUR und der Restwert auf 1.800 EUR beziffert wurden (sämtlich inklusive Mehrwertsteuer). Der Kläger ließ das Fahrzeug in der Zeit vom 19.12.2006 bis zum 5.1.2007 vollständig und fachgerecht nach Maßgabe dieses Gutachtens reparieren. Er reichte bei der Beklagten, dem Haftpflichtversicherer des eintrittspflichtigen Unfallgegners, zur Regulierung die Reparaturkostenrechnung eines Autohauses vom 4.1.2007 in Höhe von 7.178,64 EUR einschließlich Mehrwertsteuer ein. Diesen Betrag nebst Sachverständigenkosten (564,34 EUR), Mietwagenkosten (760,01 EUR) und einer Kostenpauschale (30 EUR) verlangte er von der Beklagten ersetzt.

[2] Die Beklagte zahlte jedoch – neben den Mietwagenkosten und den Sachverständigengebühren – zunächst lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) sowie eine Kostenpauschale von 25,0 EUR. Zur Begründung gab sie an, eine Erstattung innerhalb der 130-%-Grenze erfolge erst, wenn der Nachweis einer Weiternutzung des Fahrzeugs für mindestens sechs Monate geführt werde.

[3] Mit seiner am 26.5.2007 zugestellten Klage hat der Kläger seinen restlichen Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Nachdem die Beklagte im Juni 2007 den Restbetrag gezahlt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

[4] Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Das Beschwerdegericht hat die dagegen erhobene sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Klägers.

[5] II. Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

[6] 1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in r+s 2008, 216 f. und Schaden-Praxis 2008, 216 ff. veröffentlicht ist, meint, es entspreche billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Der Senat habe es bislang zum Nachweis des Integritätsinteresses und zur Begründung des Anspruchs auf vollständigen Reparaturkostenersatz bis 130 % ausreichen lassen, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der vollständig und fachgerecht ausgeführten Reparatur die Absicht hatte, das Fahrzeug selbst weiter zu nutzen, so dass es für den Anspruch sogar unschädlich habe sein können, wenn der Geschädigte diese Absicht noch während der Reparatur geändert habe.

[7] Diese Rspr. gebe der Senat jedoch im Hinblick auf die neuere Rspr. des BGH auf. Hiernach sei es grundsätzlich zum Nachweis des Integritätsinteresses erforderlich, dass der Geschädigte sein Fahrzeug noch längere Zeit weiter nutzt, wobei ein Zeitraum von 6 Monaten regelmäßig als ausreichend, aber auch als erforderlich anzusehen sei. Dies betreffe sowohl Konstellationen der Nicht- bzw. Teilreparatur, in denen der Fahrzeugschaden unter dem Wiederbeschaffungswert liege und fiktiv abgerechnet werde, als auch Fälle bei denen der – fiktiv abgerechnete – Fahrzeugschaden über dem Wiederbeschaffungswert innerhalb der 130-%-Grenze liege. Etwas anderes gelte zwar bei konkreter Abrechnung eines unter dem Wiederbeschaffungswert liegenden Fahrzeugschadens; in einem solchen Fall könnten die konkret entstandenen Reparaturkosten ohne weiteres sofort – also ohne eine weitere Nutzung des Fahrzeuges – ersetzt verlangt werden. Dieser Fall lasse sich jedoch nicht auf die Fälle konkreter Abrechnung im Bereich der 130-%-Grenze übertragen. Vielmehr gälten hierzu die insoweit vom BGH zum fiktiv abgerechneten Fahrzeugschaden innerhalb dieser Grenze aufgestellten Grundsätze gleichermaßen. Überstiegen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert, könne dem Schädiger der Ersatz eigentlich unwirtschaftlicher Reparaturkosten nur im Hinblick auf das bei der Schadensbehebung im Vordergrund stehende Integritätsinteresse des Geschädigten zugemutet werden. Dieser für die fiktive Abrechnung betonte Grundsatz sei in konsequenter Anwendung auf die Fälle konkreter Abrechnung im Bereich der 130-%-Grenze zu übertragen. Denn insoweit sei kein entscheidender Grund zu einer Differenzierung ersichtlich. Damit habe der Kläger hier – trotz konkreter Abrechnung sowie vollständiger und fachgerechter Reparatur – die über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehenden Reparaturkosten erst nach einer Weiterbenutzung seines Fahrzeuges über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten erfolgreich ersetzt verlangen können.

[8] 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht Stand. Lässt der Geschädigte den Fahrzeugschaden, der über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb der 130-%-Grenze liegt, vollständig und fachgerecht reparieren, so wird der Anspruch auf Ersatz der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten im Regelfall nicht erst sechs Monate nach dem Unfall fä...

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