Verträge über die Gewährung vorläufiger Deckung kommen unter erleichterten Bedingungen – Vertragsbestimmungen, Informationen und Beratungsdokumente müssen dem Versicherungsnehmer nicht vor dem Vertragsschluss zur Verfügung stehen (§§ 49 Abs. 1, 6 Abs. 2 VVG), das Widerrufsrecht ist eingeschränkt (§ 8 Abs. 2 VVG) – zu Stande. Aber sie müssen natürlich zu Stande kommen, setzen also Angebot und Annahme voraus.

Erhält ein Versicherungsnehmer vorläufige Deckung in der Kfz-Haftpflichtversicherung und kommt es vor Abschluss des Hauptvertrages zu einem Unfall, wird er sich gelegentlich auch auf vorläufige Deckung in der Kaskoversicherung berufen. Dann gilt es zu unterscheiden:

Hat er vorläufige Deckung für die Vollkaskoversicherung ausdrücklich oder konkludent beantragt und daraufhin (nur) die Bestätigung nach § 29a StVZO – und damit Versicherungsschutz ab Zulassung (§ 9 KfzPflVV) – erhalten, so geht die Rspr. von einer einheitlichen Behandlung der vorläufigen Deckung in Haftpflicht und Kasko aus (BGH NJW 1999, 3560; NJW-RR 1986, 767). Das lässt sich häufig auch auf § 5 Abs. 1, 2 VVG stützen. Dass er einen Antrag gestellt hat, muss er allerdings beweisen. Dabei kann das bisherige Bestehen einer Vollkaskoversicherung für ein Vorgängerfahrzeug bei demselben Versicherer ein gewichtiges Indiz sein; es allein genügt indessen nicht, wie die abgedruckte Entscheidung zeigt (vgl. auch OLG Saarbrücken zfs 2006, 514). Gleiches gilt im Übrigen, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer seine Absicht mitgeteilt hat, einen Vollkasko-Hauptvertrag beantragen zu wollen (BGH a.a.O.).

Fehlt es an einem Antrag, kommt in Betracht, den Anspruch auf eine Verletzung der Beratungspflicht des Versicherers nach §§ 6 Abs. 1, 4 VVG zu stützen. Ein Versicherer ist zwar nicht generell gehalten, bei einem Antrag auf Abschluss einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf die etwaige Notwendigkeit, vorläufige Deckung auch für die Vollkaskoversicherung zu beantragen, hinzuweisen. Bestand jedoch bislang ein solcher Schutz bei dem Versicherer für ein anderes Kfz oder hat der Versicherungsnehmer den Versicherer gewechselt oder bestehen – wie zuweilen bei Abschluss eines Vertrages für den Neuwagen eines Fahranfängers oder bei einer bevorstehenden Auslandsreise – besondere Anhaltspunkte für ein Bedürfnis nach weiter gehendem sofortigen Versicherungsschutz, so muss der Versicherer über dessen Voraussetzungen beraten, dies dokumentieren und die Dokumentation dem Versicherungsnehmer wenigstens mündlich übermitteln, will er eine Haftung vermeiden.

Prof. Dr. Rixecker

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge