Teilmittellosigkeit führt nicht zur Gesamtmittellosigkeit. Das gilt in Abweichung zu § 1836 d BGB zumindest für die Vergütung des Nachlasspflegers. Er kann seinen im Sinne von § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB üblichen und von § 3 VBVG deutlich nach oben abweichenden Stundensatz soweit zur Festsetzung beantragen, wie ausreichender und einsetzbarer Nachlass vorhanden ist. Darüber hinaus muss dann die Staatskasse die restliche zu vergütende Zeit und den Aufwand des Nachlasspflegers nach den Regeln des VBVG tragen. Der Nachlass kann für die Tätigkeit des Nachlasspflegers sogar vollständig aufgebraucht werden. Diese nun auch vom OLG Stuttgart bestätigte Ansicht ist im Einklang mit der Literaturmeinung (Vgl. Bestelmeyer, Rpfleger 2016, 694; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, 5. Aufl., Rn 876; Schulz/Gleumes, Handbuch Nachlasspflegschaft, 2. Aufl., § 7 Rn 85–86 [mit Berechnungsbeispiel]) und deckt sich mit der Rechtsprechung (BayObLG Rpfleger 2000, 331; OLG Karlsruhe v. 31.10.2014 – 14 Wx 56/13) der letzten Jahre, die jedoch nicht immer in dieser Klarheit zum Ausdruck kam.

Doch bei genauerer Betrachtung kann es sich auch nicht anders verhalten, als dass die Regelung des § 1836 d BGB in Verbindung mit §§ 1911, 1960 BGB für Nachlasspflegschaften einer besonderen Betrachtungsweise bedarf. Dies deswegen, weil die Vergütung des Nachlasspflegers eben nicht (wie bei einem Betreuer) eine pauschalierte und für einen bestimmten Zeitraum veranlagte Vergütung ist, sondern auf Stundensatz und tatsächlichem Aufwand basiert. Die Vergütung des Nachlasspflegers entsteht dabei mit jeder Handlung des Nachlasspflegers taggenau (OLG Düsseldorf v. 19.2.2014 – I-3 Wx 292/11, ZErb 2014, 136 mwN).

Das bedeutet zunächst einmal, dass jede einzelne Handlung eines Nachlasspflegers (soweit diese innerhalb seines Wirkungskreises liegt) grundsätzlich vergütet wird. Und daraus folgt, dass mit dem jeweiligen täglichen Entstehen dieses Vergütungsanspruchs der Nachlasspfleger diesen sich auch jeweils unmittelbar durch das Nachlassgericht festsetzen lassen könnte (OLG Köln v. 30.1.2013 – 2 Wx 265/12, BeckRS 2013, 09365). Es gibt keine Regelung die besagt, wann oder nach welchem zeitlichen (Mindest-)Aufwand der Nachlasspfleger eine Vergütung zur Festsetzung beantragen kann oder darf. Theoretisch könnte also das Gericht täglich einen Vergütungsantrag des Nachlasspflegers zur Entscheidung vorgelegt bekommen.

Würde der Nachlasspfleger demnach seine Vergütung täglich festsetzen lassen, hätte das Gericht bei jedem dieser Anträge zu prüfen, ob der vom Nachlasspfleger aktuell verwaltete Nachlass ausreichend ist, die im Sinne von § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB beantragte Vergütung zu decken. Ist dies der Fall, scheidet eine Vergütung durch die Staatskasse wegen fehlender Mittellosigkeit aus. Wenn nun der Nachlasspfleger erst am Ende der Pflegschaft seine Vergütung zur Festsetzung beantragt, kann hinsichtlich dieser grundsätzlichen Überlegungen nichts anderes gelten. Der Nachlasspfleger darf und kann bei einem abschließenden Vergütungsantrag nicht schlechter gestellt werden als der Nachlasspfleger, der (abwegiger Weise) täglich seine Vergütung zur Festsetzung beantragt.

Die erbrachten Stunden des Pflegers werden somit solange mit dem (erhöhten) Stundensatz des § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB berücksichtigt, wie ausreichender Nachlass vorhanden ist. Ist dieser rechnerisch aufgebraucht und sind noch nicht vergütete Stunden übrig, hat die Staatskasse diese im Sinne von § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB iVm. § 1836 Abs. 1 BGB iVm. § 3 VBVG nach den dortigen Regelungen zu tragen.

Insoweit ist bei entsprechenden Fallkonstellationen dem Nachlasspfleger anzuraten, von vornherein einen "gesplitteten" Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung einzureichen. Einen Teil des Antrags, der unter Berücksichtigung der Anzahl der Stunden und der Höhe der Vergütungsansprüche so ausfällt, dass der verwaltete Nachlass diese Kosten deckt (= Teilvergütung nach den Regeln für werthaltige Nachlässe). Und den anderen Teil des Antrags unter Berücksichtigung der Vergütungsregeln für mittellose Nachlässe gegen die Staatskasse, soweit für die "restlichen Stunden" kein Nachlass mehr vorhanden sein wird (= Restvergütung nach den Regeln für mittellose Nachlässe).

Von Dipl.-Rechtspfleger (FH) Thomas Lauk, Heilbronn; Vizepräsident des Bundes deutscher Nachlasspfleger (BDN) und Mitautor des im zerb verlag in 2. Auflage erschienenen "Handbuch Nachlasspflegschaft".

ZErb 9/2017, S. 255 - 257

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