Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Maßgeblich für die Erbfolge ist das iranische Recht, da der Erblasser ausschließlich iranischer Staatsangehöriger war (Art. 3 Nr. 2 EGBGB iVm Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens). Nach dem iranischen Recht ist eine Erbeinsetzung durch Testament nicht möglich; der Erblasser kann nur im Wege des Vermächtnisses über höchstens 1/3 des Nachlasses testamentarisch verfügen. Die Erbfolge wird deshalb allein durch die Vorschriften des iranischen Zivilgesetzbuches bestimmt (im Folgenden zitiert nach Yassari in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Länderteil Iran, Bearbeitungsstand 1.1.2002; zu Art. 946 ZGB in der Fassung vom 11.3.2009 vgl. Yassari RabelsZ 2009, S. 985/998; Krüger IPrax 2009, 375). Hat der Erblasser – wie hier – keine Kinder hinterlassen, erbt die Witwe ein Viertel des beweglichen Vermögens und ein Viertel vom Wert des unbeweglichen Vermögens (Art. 913 Satz 2, Art. 900 Nr. 2 ZGB, Art. 946 ZGB idF v. 11.3.2009). Der Ehemann erbt im gleichen Fall von allen Gütern der Ehefrau die Hälfte (Art. 913 Satz 2, Art. 899 Nr. 1, 946 ZGB).

Die Beteiligte zu 1 erbt folglich nach den Vorschriften des iranischen Rechts ein Viertel des Nachlasses. Dem deutschen Ehemann einer kinderlosen iranischen Ehefrau stünde hingegen die Hälfte des Nachlasses zu.

2. Das iranische Recht bleibt allerdings nach Art. 6 EGBGB insoweit unangewendet, als es der Beteiligten zu 1 nur die Hälfte dessen zuspricht, was bei sonst gleichem Sachverhalt ein Mann beanspruchen könnte, denn dieses Ergebnis der Anwendung iranischen Erbrechts auf den hier zu entscheidenden Fall ist mit dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht vereinbar.

a) Nach Art. 6 EGBGB ist die Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere dann nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens schließt einen Rückgriff auf Art. 6 EGBGB nicht aus, denn Art. 8 Abs. 3 Satz 2 des Abkommens erlaubt es dem anderen vertragsschließenden Staat, die Anwendung der Gesetze des Vertragspartners ausnahmsweise und nur insoweit auszuschließen, als ein solcher Ausschluss allgemein gegenüber jedem anderen Staat erfolgt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 732/734; OLG Hamm FamRZ 1993, 111/114).

Die Anwendung der Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB setzt voraus, dass nicht nur abstrakt die ausländische Regelung selbst, sondern das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts im konkreten Fall in so starkem Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (BGHZ 118, 312/330; KG NJW-RR 2008, 1109/1111).

Darüber hinaus muss der zu beurteilende Tatbestand einen hinreichenden Inlandsbezug aufweisen; die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte genügt dafür nicht (Palandt/Thorn BGB 71. Auflage 2012, Art. 6 EGBGB Rn 5, 6 mwN).

b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beteiligte zu 1 erhält als Ehefrau des Erblassers eine Erbquote von einem Viertel, während ein Ehemann bei gleichem Sachverhalt eine Erbquote in Höhe der Hälfte des Nachlasses beanspruchen kann. Das ist nicht vereinbar mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz, dass niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden darf (ebenso OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 732/733; Staudinger/Dörner BGB <2007> Anh zu Art. 25f EGBGB Rn 327; aA noch OLG Hamm FamRZ 1993,111/114 f).

Es besteht zudem ein stark ausgeprägter Inlandsbezug. Der Erblasser hat seit über 40 Jahren in Deutschland gelebt. Die Beteiligte zu 1 ist in Deutschland geboren und hat – abgesehen von der Ehe mit dem Erblasser – keine familiären Verbindungen zum Iran. Beide Ehegatten hatten während ihrer gesamten Ehezeit ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Das Vermögen des Erblassers besteht aus Bankguthaben bei deutschen Banken und seinem Anteil bzw. dem Abfindungsanspruch an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in München.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass es nach dem Willen des Erblassers bei der Erbquote von einem Viertel für die Ehefrau verbleiben sollte. Vielmehr hat der Erblasser mit dem gemeinschaftlichen Testament vom 27.11.1996 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seinen Nachlass allein seiner Ehefrau zukommen lassen wollte.

c) Greift die Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB ein, ist grundsätzlich zunächst eine Lösung im fremden Recht zu suchen; deutsches Recht ist nur hilfsweise als Ersatzrecht anzuwenden (KG NJW-RR 2008, 1109/1111). Es erscheint sachgerecht, an Stelle der gleichheitswidrigen Bestimmung über den Erbteil der Witwe die Vorschrift des iranischen ZGB anzuwenden, die bei gleicher Sachverhaltsgestaltung die Erbquote des Witwers rege...

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