Tagungsbericht

"Governance in Familienunternehmen" – unter diesem Titel nahm eine Veranstaltung des Alumni-Vereins Private Wealth Management e.V.[3], der aus dem Masterstudiengang "Unternehmensnachfolge, Erbrecht und Vermögen"[4] hervorgegangen ist, sowie des Bucerius Alumni e.V.[5] am 14. Juni 2013 die Führungsstrukturen von Familienunternehmen in den Blick.

Zum Auftakt der Veranstaltung stellte Liz Mohn[6] in der Keynote Address die Führungsprinzipien von Familienunternehmen am Beispiel Bertelsmann dar. Familien als Eigentümer böten eine besondere Gewähr für Kontinuität und Unabhängigkeit des Unternehmens. Es gehe Familienunternehmern nicht nur um die Verfolgung von Familieninteressen, sondern auch darum, Grundwerte im Unternehmen zu erhalten – bei Bertelsmann in der fünften Generation. In der Bertelsmann-Gruppe sichere die je hälftige Besetzung des Lenkungsausschusses der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mit Familienangehörigen und mit Außenstehenden, dass einerseits die Unternehmenstradition gewahrt bleibt, andererseits externer unabhängiger Sachverstand einfließt. Im Folgenden stellte Liz Mohn die Bertelsmann Essentials – Partnerschaft, Unternehmergeist, Kreativität und gesellschaftliche Verantwortung – vor. Anhand von Beispielen zeigte sie, dass diese Grundwerte sich über Jahrzehnte hinweg bewährt haben und auch auf Tochter-Unternehmen in anderen Kulturkreisen übertragbar sind. Sowohl die Eigentümerfamilie als auch die Mitarbeiter fühlten sich an sie gebunden.

Im Anschluss schilderte Koeberle-Schmid[7] Situationen, die für Familienunternehmen und Unternehmerfamilien potentiell risikobehaftet sind, etwa der Nachfolgefall, das Finden und Einbinden eines Fremdmanagements oder Konflikte in der Familie. Als Lösungsansatz schlug er eine Inhaber-Strategie vor, die Familien- und Unternehmensstrategie verknüpft. Um es Familienunternehmern zu erleichtern, eine solche situationsadäquate und individuelle Strategie zu erarbeiten, habe INTES den Governance Kodex für Familienunternehmen (GKFU) initiiert.[8] Dieser könne aber nicht als Muster für alle Familienunternehmen verwendet werden, sondern beinhalte eine Zusammenstellung der Themen, die jedes Familienunternehmen für sich individuell beantworten sollte. Die gefundenen Antworten könnten in einem rein moralisch bindenden, individuellen Familienkodex niedergelegt werden, der neben den Gesellschaftsvertrag tritt.

Baus[9] betonte die Bedeutung der Familie für den Bestand des Familienunternehmens. Spätestens ab der zweiten Inhaber-Generation ("Geschwistergesellschaft") gewännen gemeinsame Interessen und Werte an Bedeutung, um drohenden Konflikten und einer Entfremdung vom Unternehmen vorzubeugen. Dann bedürfe es einer Familienstrategie, welche in eine Familiencharta münden solle. Die Familiencharta behandle – anders als der Gesellschaftsvertrag – in allgemeinverständlicher Sprache Themen, die Familie und Unternehmen betreffen, etwa Fragen der Mitarbeit von Familienmitgliedern in der oder unterhalb der Geschäftsführung. Sie beanspruche lediglich emotionale Geltung. Der Vorteil des nicht immer einfachen Prozesses einer solchen Familienstrategie seien unter anderem verbesserte Entscheidungsprozesse und die konstruktive Lösung von Konflikten.

Veil[10] beleuchtete die Bedeutung von Family Business Governance Strukturen aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive. Anders als in Publikumsgesellschaften gehe es dabei gerade nicht um die Auflösung von Prinzipal-Agenten-Konflikten, sondern die Kopplung von Unternehmen und Familie. Der GKFU könne dabei – aller Kritik aus dem Lager der Rechtswissenschaften zum Trotz – bei richtigem Verständnis als eine Art Checkliste für die Gestaltung der individuell passenden Strukturen eine wertvolle Orientierungshilfe liefern. In diesem Zuge könne sich auch ein individuell ausgearbeiteter Familienkodex als sinnvoll erweisen. Ob derartige individuelle Kodizes Rechtswirkungen entfalten können, müsse wiederum im Einzelfall untersucht werden – auszuschließen sei dies nicht. Einer pauschalen Beurteilung stehe die Individualität solcher Kodizes entgegen.

Burger[11] sprach den Initiatoren des GKFU das Verdienst zu, die Akzeptanz für Fragen der Governance auf Seiten von Unternehmerfamilien gesteigert zu haben. Jedoch begünstige die formale Nähe zum Deutschen Corporate Governance Kodex Missverständnisse und schade dem GKFU in seiner Akzeptanz. Burger plädierte dafür, Regelungen möglichst rechtsverbindlich (in Gesellschaftsverträgen und Gesellschaftervereinbarungen) zu treffen. Wo ein Familienkodex erarbeitet wird, seien in Anbetracht der vielfältigen Verknüpfungen zu rechtlichen Regelungen bei der Formulierung jedenfalls Vorsicht und höchste Präzision erforderlich. Eine (mittelbare) rechtliche Beachtung von Familienkodizes in gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahren oder im Rahmen von Treuepflichten hielt er für nicht ausgeschlossen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Pöllath[12] setzten sich die Referenten sowie Windthors...

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