Die Entscheidung ist interessant und weitgehend gut begründet – und nach hiesiger Ansicht in einem wesentlichen Punkt, und damit im Ergebnis falsch. Zutreffend führt das VG aus, dass das Hessische Bestattungsgesetz, im Gegensatz zu den meisten Bestattungsgesetzen, nicht ausdrücklich von einer "Reihenfolge" der zur Bestattung Verpflichteten spricht und eine solche auch nicht durch eine Nummerierung zum Ausdruck bringt. Aus dem Sinn und Zweck sowie dem allgemeinen Verständnis ist aber aus der Aufzählungsfolge auf eine Reihenfolge zu schließen.

Nicht von ungefähr ist die Aufzählungsfolge in den Gesetzen aller Länder in den Grundzügen gleich. Angelehnt an das FeuerbestattungsG werden zunächst die Ehegatten, dann die Kinder, Eltern, Geschwister und Enkel genannt. Das entspricht wohl der allgemeinen Vorstellung, wer für die Bestattung eines Verstorbenen zuständig sein sollte.

Im vorliegenden Fall ist nach hier vertretener Ansicht die Tochter vorrangig vor der klagenden Schwester verpflichtet gewesen. Erst wenn bei der Ermittlung der Tochter erhebliche Schwierigkeiten zu Tage getreten wären, hätte auf die Schwester zugegriffen werden dürfen. Insofern hätte im Prozess aufgeklärt werden müssen, ob die Verwaltung ausreichende Nachforschungen anstellte, bevor die Schwester zur Durchführung der Bestattung aufgefordert wurde. Dieser Frage wich das VG aus, indem es meint, dass derjenige verpflichtet werden dürfe, der am einfachsten zu erreichen sei.

Richtigerweise hätte zumindest auf der Ebene der Kostentragung vorrangig die dann auch bekannt gewordene Tochter in Anspruch genommen werden müssen. Je nach Sichtweise, mag dieses Urteil der Verwaltung in Hessen die Arbeit erleichtern oder ihr die Motivation zu sorgfältigen Nachforschungen nehmen.

Zutreffend ist, dass gleichrangig Verpflichtete als Gesamtschuldner haften und dementsprechend in Anspruch genommen werden können, § 421 BGB. Ein Ausgleich kann wiederum untereinander geltend gemacht werden, § 426 BGB. Ist ein Ausgleich nicht möglich, muss der Verpflichtete, z. B. bei Mittellosigkeit, versuchen, eine Kostenübernahme nach § 74 SGB XII zu erreichen.

Unberührt blieb auch in diesem Fall die Frage, ob die Inanspruchnahme von Geschwistern verfassungsgemäß und damit zulässig ist. Eine Einstandspflicht für Geschwister ist dem Zivil- und Sozialrecht fremd. Es gibt keine Unterhaltspflicht unter Geschwistern. Wenn von staatlicher Seite ein Einstehen der Geschwister füreinander zu deren Lebzeiten nicht gefordert wird – weshalb dann nach dem Tod?

Dr. Dietmar Kurze, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, VorsorgeAnwalt, Berlin

ZErb 6/2015, S. 181 - 184

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