Medizintechniker M aus Tuttlingen hat ein Vermögen von 2.000.000 EUR erwirtschaftet. Seine Ehefrau E ist vermögenslos. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand. Beide Eheleute hatten zum Zeitpunkt der Heirat keinerlei Vermögen. Aus der ersten Ehe des M sind die Kinder A und B da, zu denen kein Kontakt besteht. M möchte seine Ehefrau E zur Alleinerbin einsetzen und die Pflichtteile der beiden Kinder möglichst gering halten. Sein Berater schlägt vor, die Zugewinngemeinschaft zu beenden und den Zugewinn von 1.000.000 EUR an die Ehefrau auszugleichen, um dann wieder in den gesetzlichen Güterstand zu wechseln, da somit bei Versterben des M der Pflichtteil um jeweils 125.000 EUR verringert werden könnte. Korrekt?

Wie wäre es, wenn die Eheleute M und V in Gütertrennung leben würden? Der Berater schlägt insoweit vor, mit Rückwirkung Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren, dann wieder in Gütertrennung zu wechseln und den Zugewinn auszugleichen, um dann letztlich wieder durch Ehevertrag in den gesetzlichen Güterstand zu wechseln.

Lösung: Die oben beschriebenen sog. Güterstandsschaukeln Typ I (Ausgangsfall) und Typ II (Abwandlung) sind klassisches Gestaltungsthema in der erbschaftsteuerlichen Beratung, um den steuerfreien Zugewinn nach § 5 Abs. 2 ErbStG zu realisieren. Typ I ist vom BFH[40] anerkannt, es muss aber der Güterstand tatsächlich – wenn auch nur kurz – beendet werden ("Gütertrennung für einen Abend"), d. h. kein fliegender Zugewinnausgleich. Bei der Abwandlung, d. h. Typ II, kann nur durch eine rückwirkende Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft von § 5 Abs. 2 ErbStG profitiert werden, wobei diese Konstellation noch nicht vom BFH entschieden wurde, aber das FG Düsseldorf[41] von dessen Zulässigkeit in einem Fall ausging, in dem für die enterbte ausgleichungsberechtigte Witwe dann die güterrechtliche Lösung des § 1371 Abs. 2 BGB (Zugewinn und kleiner Pflichtteil) am Nachlass galt.

Pflichtteilsrechtlich stellt sich die Frage, inwieweit ein solcher Güterstandswechsel eine ergänzungsrelevante Schenkung beinhaltet. Eine Vermögensübertragung in Erfüllung einer tatsächlich entstandenen Zugewinnausgleichsforderung nach § 1378 BGB ist nicht unentgeltlich.[42]

Der bloße Wechsel von der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung hat aus pflichtteilsrechtlicher Sicht den Nachteil, dass die Gütertrennung die Pflichtteilsquoten der Abkömmlinge erhöht. Um die höheren Quoten zu vermeiden, wechseln die Ehegatten wieder in den Güterstand der (ggf. modifizierten) Zugewinngemeinschaft zurück (Güterstandsschaukel). Die Pflichtteilsfestigkeit solcher Gestaltungen wird in der Literatur ungeachtet der geklärten schenkungsteuerlichen Rechtslage bezweifelt.[43]

Nach der Rechtsprechung des BGH[44] zum Thema Pflichtteilsergänzung und Eheverträge wird man folgenden Maßstab anlegen müssen: Dient der Güterstandswechsel der Verfolgung ehewidriger Zwecke, beabsichtigen die Ehegatten ausschließlich die Minimierung des Pflichtteils der Abkömmlinge, ist ein Eingreifen der vom BGH in Aussicht gestellten Missbrauchskontrolle jedenfalls nicht auszuschließen.[45] Die kurze zeitliche Abfolge von zwei – oder gar drei – Güterstandswechseln kann hierfür von indizieller Bedeutung sein. Selbst bei erheblichem zeitlichem Abstand zwischen den Wechseln ist nach Ansicht von Herrler (aaO) nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung die Pflichtteilsfestigkeit der Ausgleichszahlung wegen des Vorliegens eines vorgefassten Gesamtplans oder einheitlichen Plans[46] verneint und eine ergänzungspflichtige Schenkung annimmt. Um den weiteren Entschluss zur Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft zu dokumentieren, sollten in der Urkunde die individuellen Gründe für die Rückkehr in den gesetzlichen Güterstand angeführt werden, um den Verdacht der Verfolgung ehewidriger Zwecke auszuräumen. Umstritten ist, welche Rechtsfolgen ein eventueller Rechtsmissbrauch hätte, nämlich ob dann im ersten oder im zweiten Güterstandswechsel eine ehebedingte Zuwendung nach § 2325 BGB läge.[47]

Nach Ansicht von J. Mayer[48] gilt Folgendes: Erkennt der Notar bei der Beurkundung eines Ehevertrags, dass diesem ein solcher Gesamtplan im Sinne des Gütertrennungsmodells zugrunde liegt, so ist auch dieser Verknüpfungswille wegen der Formvorschrift des § 1410 BGB beurkundungspflichtig, mag dies auch den Erfolg der gesamten Vereinbarung zunichtemachen. Er kommt (aaO, Rn 119) zum Schluss, das Schaukelmodell sei eine Gestaltung, die ein verantwortlicher Rechtsberater von sich aus nicht empfehlen sollte. Zur rückwirkenden Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft bemerkt er (aaO, Rn 121), dass bei der im Verhältnis der Ehegatten untereinander zulässigen Vereinbarung über einen anderen Berechnungszeitpunkt für das Anfangsvermögen nicht ausgeschlossen sei, dass in dieser abweichenden Vereinbarung über den Berechnungszeitraum eine ergänzungspflichtige Zuwendung gesehen werde.

Es existiert zur Thematik "Schaukelmodelle" lediglich die o. g. Entscheidung des BGH[49] zur Gütergemeinschaft aus dem Jahr 19...

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