Da die Wart- und Pflegeverpflichtungen keinen gängigen Marktpreis haben, muss der Wert anhand eines geeigneten Bewertungsmodells geschätzt werden. Ähnlich wie bei der Schätzung der Nachlassgegenstände nach § 2311 BGB ist keine bestimmte Wertberechnungsmethode für die Ermittlung des Verkehrswertes vorgeschrieben.[29] Die sachgerechte Auswahl der Berechnungsmethode obliegt dem Tatrichter, der sich dabei der Hilfe eines Sachverständigen bedienen kann.[30] In aller Regel beauftragen die Gerichte einen Sachverständigen mit der Schätzung des Nachlasses bzw. eines Nachlassgegenstandes. Dabei geben die Gerichte teilweise dem Gutachter die Bewertungsmethode vor, teilweise überlassen sie dem Gutachter die Wahl der geeigneten Methode, überprüfen dann aber nicht nur die Anwendung, sondern auch die Auswahl der jeweiligen Bewertungsmethode auf ihre rechtliche Vertretbarkeit im konkreten Fall.[31]

Aufgabe des Gutachtens ist es, ein der Realität entsprechendes Bild über den Wert des Nachlasses zu verschaffen.[32] Das in dieser Untersuchung gefundene Bewertungsmodell ist hierbei konkret einsetzbar, zumal es die herausgearbeiteten Tauglichkeitsmerkmale voll erfüllt. Da das hier gefundene Bewertungsmodell sich als umfassend tauglich darstellt, ist es besonders geeignet, in diesen Fällen auch als Bewertungsmethode vorgegeben zu werden. Die Handhabbarkeit des Bewertungsmodells ist über die Verwendung der drei Tabellen derart einfach, dass die Bewertung sogar ohne Einschaltung eines Sachverständigen erfolgen kann. Auf diese Weise können zusätzliche Sachverständigenkosten eingespart werden. Das Bewertungsmodell liefert mit seinen statistikgestützten Tabellen und der formelhaften Bewertung einen erheblichen Beitrag zur angemessenen Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen. Dies gelingt mit geringfügigen Eingangsdaten wie Alter, Geschlecht, Belegenheitsort des Übergabeobjektes, Erfüllung von Pflegestufen oder Nachweis einer Hilfsbedürftigkeit, die generell ohne Weiteres verfügbar sind. Für den Fall, dass im Rahmen der Sammlung der Eingangsdaten keine Pflegestufe belegt werden und auch der Nachweis einer Hilfsbedürftigkeit nicht gelingen sollte, bietet das Bewertungsmodell in Form des reinen Risikowertes als Mindestbetrag für jede Wart- und Pflegeverpflichtung eine Untergrenze. Dabei wird mit dem Bewertungsmodell auch der Forderung Rechnung getragen, dass auch immer ein Mindestbetrag geschätzt werden kann, selbst wenn weitergehende Nachweise fehlen.[33] Lediglich soweit spezifische Angriffspunkte gegen die Bewertung vorgebracht werden, muss von dem Wertansatz nach dem neuen Bewertungsmodell Abstand genommen werden. Kann der Wart- und Pflegeverpflichtete beispielsweise detailliert höhere Beträge für die geleistete Wart- und Pflege nachweisen, bleibt ihm die Möglichkeit dies vorzutragen und zu belegen. Nur in diesen ganz speziellen Einzelfällen wäre es dann vor Gericht wieder erforderlich, den richtigen Ansatz im Rahmen des richterlichen Ermessens eigens festzustellen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle denkbaren Fälle differenziert mit dem neuen Bewertungsmodell bewertbar sind und damit das Bewertungsmodell konkret zum Einsatz eignet.

[29] Haas in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn 69.
[30] Haas in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn 69.
[31] Haas in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn 73.
[32] Haas in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn 73.
[33] OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.8.2003, VersR 2004, 120, der Umfang des Haushaltsführungsschadens ist gemäß § 287 ZPO mit einem Mindestbetrag zu schätzen, wenn der Geschädigte es versäumt, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen; Kreienberg, Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen in Übergabeverträgen, Kap. D. I. 5.

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