Die Anteile der Miterben am Nachlass orientieren sich grundsätzlich an den Erbquoten. Für den Fall, dass der Erblasser seinen Abkömmlingen Vorempfänge hat zukommen lassen, kann sich über eine etwaige Ausgleichungspflicht die wertmäßige Beteiligung allerdings erheblich verschieben. Die Durchführung ist in den §§ 2055, 2056 BGB geregelt, wobei die Ausgleichung der lebzeitigen Zuwendungen nur unter Abkömmlingen des Erblassers stattfindet.

Als wichtige Grundlage hierzu ist jeder Miterbe nach § 2057 BGB verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er unter den Voraussetzungen der §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen hat. Die Auskunftspflicht umfasst zudem eine Erklärung darüber, was dem Auskunftsverpflichteten über den Wert des Erhaltenen bekannt ist, insbesondere welche Umstände ihm bekannt sind, die eine Wertberechnung ermöglichen und die für oder gegen eine Ausgleichspflicht nach §§ 2050 ff BGB sprechen.

Die ausgleichungspflichtigen Vorempfänge sind in § 2050 BGB geregelt. Hierzu zählen einerseits Ausstattungen nach § 1624 BGB, also Zuwendungen, die ein Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter erhält, soweit die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß nicht übersteigt. Des weiteren sind Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf, insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben. Andere Zuwendungen unter Lebenden sind nur zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.

Der Zeitablauf, wie lange eine Zuwendung in der Vergangenheit zurückliegt, hat – anders als nach den Grundsätzen der Pflichtteilsergänzung gem. den §§ 2325 ff BGB – im Anwendungsbereich der §§ 2050 ff BGB keine Bedeutung.

Die Vorschriften der §§ 260, 261 BGB über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung finden entsprechende Anwendung, sofern die begründete Besorgnis besteht, dass die Auskünfte im Hinblick auf Vollständigkeit und Richtigkeit nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurden.

Das Amtsgericht Bingen am Rhein stellt in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7.11.2014, Az. 21 C 121/13, zutreffend fest, dass sich die Auskunftspflicht nach § 2057 Abs. 1 BGB auf alle Zuwendungen erstreckt, die potenziell unter die Ausgleichungspflicht nach den §§ 2050 ff BGB fallen können, und nicht nur bei richtiger Anwendung der §§ 2050 bis 2053 BGB ausgleichungspflichtig sind. Die Entscheidung, welche Zuwendungen in Frage kommen, kann nicht dem Belieben des Auskunftspflichtigen überlassen bleiben (vgl. auch Palandt/Weidlich, BGB, 72. Auflage, § 2057 Rn 1).

Dies betrifft nach Auffassung des Amtsgericht Bingen selbst die Angabe jener Schenkungen an mehrere Abkömmlinge, bei denen nach dem Schenkungsvertrag eine Gleichstellung unter den Beschenkten vereinbart wurde, da die rechtliche Einordnung, ob tatsächlich eine Ausgleichungspflicht besteht, nicht vorab vom Auskunftsverpflichteten vorzunehmen ist.

Ferner kann die Auskunftspflicht solche Zuwendungen umfassen, die einem Abkömmling des Erblassers im Zuge einer güterrechtlichen Auseinandersetzungsvereinbarung mit seinem Ehepartner (oder sonstigen familienrechtlichen Vereinbarung) dadurch zugute kommen, dass der Ehepartner aus der Mithaft eines vom Erblasser an die Eheleute gewährten Darlehens entlassen wird. Insoweit besteht nach dem amtsgerichtlichen Urteil eine naheliegende Vermutung eines schenkweisen Erlasses der Darlehensschuld durch den Erblasser an den Abkömmling, sofern dieser seiner Darlegungs- und Beweislast zur Rückzahlung des Darlehens nicht nachkommt.

Unterlässt der Auskunftsverpflichtete die Angabe solcher Zuwendungen und Umstände, kann ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entstehen, da die begründete Besorgnis besteht, dass die erteilten Auskünfte nur mit mangelnder Sorgfalt erteilt wurden und weder vollständig noch richtig sind.

Ergänzt der Auskunftsverpflichtete seine Auskünfte während des Rechtsstreits, kann bei weiterer Besorgnis hinsichtlich der ergänzten Auskünfte im Wege der Klageerweiterung auch insoweit die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beantragt werden.

Der zur Versicherung an Eides statt Verpflichtete kann ggfs. erforderliche Nachbesserungen, Korrekturen und Ergänzungen zu Protokoll erklären. Sollte die von dem Verpflichteten sodann abgegebene eidesstattliche Versicherung – etwa aufgrund von in der Erklärung enthaltenen Zusätzen – Anlass zu der Annahme geben, dass er die von ihm zuvor erteilte Auskunft nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen hat, kann das Vollstreckungsgericht gemäß § 261 Abs. 1 BGB auf Antrag des Gläubi...

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