Bonefeld/Bittler (Herausgeber)

zerb verlag, 2. Aufl., 2012, 304 Seiten, gebunden, 38,– EUR

Es erinnert schon ein wenig an das Lesen eines Krimis, wenn man als Anwalt dieses Fachbuch liest. Habe ich etwas übersehen und mich haftbar gemacht? Ein "Happy End" wird jedem Leser gewünscht. Nachdem die vorherige Erstauflage allein von Bonefeld verfasst wurde, trat ihm bei dieser Auflage Bittler als Mitherausgeber bei. Er, vier weitere Anwälte und Nachlassrichter Dr. Kroiß überarbeiteten und ergänzten das ursprüngliche Werk.

Es stellt Haftungsfallen bei den Rechtsanwaltsgebühren (§ 1), bei Verjährung und Fristen (§ 2), im Pflichtteilsrecht (§§ 3, 4), bei der Testaments- und Vertragsgestaltung (§ 5), im Zivilprozess (§ 6) und bei der Schnittstelle zum Familienrecht dar (§ 7). Es schließen sich Kapitel zu den Besonderheiten bei der Notar- und Anwaltshaftung (§ 8) und zur Haftungsbeschränkung an (§ 9).

Im Pflichtteilsrecht sind Bittlers Ausführungen zu der Frage höchst interessant, inwieweit das Guthaben eines Einzelkontos überhaupt dem Nachlass zuzuordnen ist (einschließlich Klageantrag zur Auseinandersetzung des Kontos). Bei vielen Anwälten ist schließlich bereits unbekannt, dass auch bei Oder-Konten von Ehegatten nicht stets jeweils die Hälfte in dem Nachlass des Erstverstorbenen anzusetzen ist. Ebenfalls gehen viele Anwälte im Pflichtteilsergänzungsrecht nur von einem Zeitraum von 10 Jahren aus, sodass Bittler die Auswirkungen der vom BGH entwickelten Genusstheorie darstellt. Bei der Gestaltung von Pflichtteilsstrafklauseln wäre ein Hinweis auf die Formulierung zweckmäßig gewesen, dass diese ggf. nur dann ausgelöst werden soll, wenn das Verlangen gegen den Willen des längerlebenden Ehegatten erfolgt.

Seiler führt dazu aus, inwieweit der Anwalt bei der Testamentsgestaltung auf die Informationen des Mandanten vertrauen darf. Dabei rät sie zu Recht, sich von dem Mandanten frühere Verfügungen zwecks Prüfung einer etwaigen Bindungswirkung vorlegen zu lassen. Sehr sinnvoll ist auch die Zusammenstellung zu den im Gesetz unübersichtlich enthaltenen Auslegungsregeln. Auch auf den Klassiker, dass die Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen sich mit der Testamentsgestaltung vereinbaren lassen müssen, weist Seiler hin. Hilfreich ist die Übersicht zu den Erfordernissen bei der Testamentsgestaltung für Blinde, Leseunkundige, Minderjährige etc.

Bei dem Thema Zivilprozess erinnert Kroiß an das Erfordernis der Haftungsbeschränkung nach § 780 ZPO, die rasch vergessen werden kann, da diese Fälle nicht allzu häufig in der Praxis vorkommen. Der Nachlassrichter rät zudem, aufgrund der Schwierigkeit von Erbsachen die Übertragung auf die Zivilkammer zu beantragen. Auch klärt er einen weiteren Klassiker auf: Nur derjenige, der sich ein Erbrecht anmaßt, ist Erbschaftsbesitzer. Immer wieder verwenden diesen vom Gesetz sehr eindeutig definierten Begriff Anwälte falsch. Hilfreich ist die Zusammenstellung von Beweiserleichterungen und zur Darlegungs- und Beweislast im Erbprozess.

Die schwierige Thematik Zugewinn und Pflichtteil wird übersichtlich erläutert. Die Praxis zeigt, dass viele Anwälte Probleme mit der Anwendung von § 1372 BGB haben. Für die nächste Auflage wäre es wünschenswert, wenn die Auswirkungen einer modifizierten Zugewinngemeinschaft bzw. von ehevertraglichen Optionen auf die Pflichtteilsquoten der einzelnen Beteiligten detailliert erläutert würden.

Bei den Haftungsbeschränkungen wäre es nach Auffassung des Rezensenten zweckmäßiger gewesen, den Schwerpunkt auf die Optionen einer individuellen Haftungsbeschränkung zu legen. Die formularmäßige Haftungsbeschränkung nur für die einfache Fahrlässigkeit ist schließlich nur eine trügerische Sicherheit. Wo ist schon die Grenze zwischen einem anwaltlichen Fehler aufgrund einfacher oder aufgrund grober Fahrlässigkeit zu ziehen?

Fazit: Das Buch eignet sich vor allem dafür, es einmal ganz durchzulesen. Es fördert die Sensibilisierung bei dem Anwalt für seine zukünftige Mandatsbearbeitung und schafft ein Problembewusstsein. Aufgrund der Übersichtlichkeit kann ein Anwalt sich aber auch gezielt über den von ihm gewünschten Bereich – durchaus eines laufenden Mandats – informieren. Das Buch erfordert erbrechtliche Kenntnisse, sodass es für den "Wald- und Wiesenanwalt" nicht geeignet ist. Aber: Für den Erbrechtler ist der Bonefeld/Bittler Pflichtlektüre!

Dr. Claus-Henrik Horn, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Erbrecht, Düsseldorf

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