Hat der Erblasser ausdrückliche Regelungen zur Verteilung von Unternehmensgewinnen und Gewinnvorträgen getroffen, sind diese beachtlich.[20] Ebenso ist der Erblasserwille maßgeblich, soweit sich dieser durch Auslegung rechtswirksam ermitteln lässt.[21] Insofern ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Begünstigte mit dem Ausgleichsanspruch für den anteiligen laufenden Gewinn des Geschäftsjahres, in dem der Erblasser gestorben ist, und für Gewinne vergangener Geschäftsjahre (Gewinnvorträge) belastet werden soll.[22]

Erfolgt die vermächtnisweise Zuwendung von Geschäftsanteilen durch einen Erbvertrag, ist hierbei nicht nur der Wille des Testators, sondern auch das Vertrauen des Erklärungsempfängers zu berücksichtigen.[23] Bei Erbverträgen sind daher grundsätzlich auch §§ 133, 157 BGB als allgemeine Auslegungsregel heranzuziehen, soweit nicht einseitige Verfügungen betroffen sind. Für vertragsmäßige Verfügungen folgt aus § 157 BGB eine stärker objektivierende Auslegung als bei einseitigen Testamenten, wonach der Erklärung jener Sinn zuzumessen ist, den sie aus der Sicht des Erklärungsempfängers hat, die sich aber grundsätzlich auch am Wortlaut und am allgemeinen Sprachgebrauch zu orientieren hat, solange und soweit nicht ein abweichendes Verständnis der Erklärenden feststellbar ist.[24] Dies ist überzeugend, da Erbverträge der notariellen Beurkundung bedürfen (§ 2276 BGB) und deshalb davon auszugehen ist, dass dem Wortlaut aufgrund der Aufklärungs- und Belehrungspflicht des beurkundenden Notars[25] (insbesondere § 17 BeurkG), wonach der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren hat und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben soll, besondere Bedeutung zukommen soll.[26]

Soweit es sich bei der maßgeblichen Regelung um eine einseitige in einem Erbvertrag enthaltene Verfügungen handelt, gelten diese Grundsätze nicht, da derartige Verfügungen nicht am Vertragscharakter teilhaben und auch sonst wie testamentarische Verfügungen zu behandeln sind (§ 2299 Abs. 2 S. 1).[27]

[20] Vgl. MüKo-BGB/Stresemann, BGB, § 101 Rn. 12; Erman/J. Schmidt, BGB, § 101 BGB, Rn 8; Staudinger/Stieper, BGB § 101 Rn 7 m.w.N.
[21] Vgl. Geck, GmbHR 1994, 449, 450.
[22] Vgl. Geck, GmbHR 1994, 449, 450.
[23] Vgl. Scherer/Scherer/Bregulla-Weber, Unternehmensnachfolge, § 17 Der erbrechtliche Erwerb des Nachlasses Rn 122.
[24] Vgl. MüKo-BGB/Leipold, BGB, § 2084 Rn. 59.
[25] Vgl. hierzu Scherer/Spall, MAH ErbR, § 71 Besonderheiten bei der Tätigkeit eines Notars Rn 22.
[26] Vgl. Raff, ErbR 2020, 330, 330 ff., auch mit Nachweisen zur bisweilen kritischen Rechtsprechung.
[27] Vgl. MüKo-BGB/Leipold, BGB, § 2084 Rn 58.

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