Pflichtteilsverzichte mit der Familie sichern das Ziel einer hausgesetzlichen Ordnung, Zersplitterungstendenzen des Familienvermögens entgegenzuwirken, ab. Als Rechtsgeschäfte unter Lebenden auf den Todesfall sind auf sie die Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB anzuwenden.[66] Überdies ist zu beachten, dass ein Pflichtteilsverzicht eines Rechtsgrunds bedarf.[67] Auch bezüglich der rechtlichen Grenzziehung ist dementsprechend zwischen der causa und dem davon abstrakten Pflichtteilsverzicht zu unterscheiden. Der Pflichtteilsverzicht an sich ist wertneutral und in § 2346 Abs. 2 BGB ausdrücklich zugelassen.[68] Allerdings gilt auch hier, dass sich die Unwirksamkeit aus dem Gesamtcharakter der Pflichtteilsverzichtsvereinbarung ergeben kann, wobei wiederum Inhalt, Zweck und Beweggrund in die Beurteilung einzufließen haben.[69] In solch einer Situation, insbesondere wenn es sich wie regelmäßig um einen entgeltlichen Pflichtteilsverzicht handelt, würde mithin schon das Verpflichtungsgeschäft auf den Prüfstand gestellt. Diesbezüglich gewähren aber die allgemeinen gesetzlichen Institute zur Störung von Vertragsbeziehungen (z. B. §§ 323, 313 BGB) in der Regel einen angemessen Ausgleich, der ein Eingreifen von § 138 BGB entbehrlich werden lässt.[70]

Abzuwarten bleibt, ob die Rechtsprechung zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen[71] auf Erb- und Pflichtteilsverträge übertragen wird.[72] Aus methodischer Sicht ist insoweit anzumerken, dass es mindestens fragwürdig erschiene, eine Ausnahmeerscheinung zur Regel zu erheben. Eine derartige Entwicklung ließe jedenfalls befürchten, dass es, ebenso wie für die Praxis der Ehevertragsgestaltung, zunehmend schwerer wird, verlässliche Aussagen zur Gerichtsfestigkeit derartiger Vereinbarungen zu treffen.[73] Darunter würde nicht zuletzt die gerade auch im Erbrecht so wichtige Rechtssicherheit[74] erheblich leiden.

[66] Mayer, in BeckOK/BGB, Stand: 1.5.2014, § 2346 Rn 3; Kapfer, MittBayNot 2006, 385 (386); Lange/Kuchinke (Fn 16), § 7 IV 3.
[67] BeckOK/Mayer (Fn 66), § 2346 Rn 40.
[68] Kuchinke, FPR 2006, 125 (127).
[69] Palandt/Ellenberger (Fn 15), § 138 BGB Rn 8; Staudinger/Sack/Fischer (Fn 47), § 138 Rn 2,7 mwN.
[70] Kuchinke, FPR 2006, 125 (127 ff); Kapfer, MittBayNot 2006, 385 (386 ff).
[72] Grundlegende Bedenken dagegen äußern zu Recht Kapfer, MittBayNot 2006, 385 (387 ff); BeckOK/Mayer (Fn 66), § 2346 Rn 40; befürwortend hingegen: Dutta, AcP 209 (2009), 760 (774 ff); Röthel, NJW 2012, 337 (339 ff); Wachter, ZErb 2004, 238; ders., ZErb 2004, 306.
[73] Siehe zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen: BeckOK/Mayer (Fn 66), § 1408 Rn 15 ff mwN.

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