Nach dem Wortlaut des Gesetzes wirken sich Schenkungen an drei Stellen in der Zugewinnberechnung aus:

Nach § 1380 Absatz 1 BGB mindert die Schenkung die Ausgleichsforderung.
Nach § 1380 Absatz 2 BGB ist gleichzeitig der Zugewinn des Ehegatten, der zugewendet hatte, zu erhöhen.
Daneben erhöht nach § 1374 Abs. 2 BGB die Zuwendung das Anfangsvermögen des erwerbenden Ehegatten.

Nach der rein wörtlichen Auslegung der oben genannten zivilrechtlichen Vorschriften müsste (eigentlich) die Anrechnung wie folgt funktionieren:

Der Vorausempfang wäre rechnerisch rückabzuwickeln. Mit der Folge, dass ein Abzug beim Empfänger und eine Hinzurechnung beim Zuwendenden erfolgen müsste, womit sich ein fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch ergäbe, wie er ohne die Zuwendung bestanden hätte. Hiervon wäre der Vorauserwerb dann abzuziehen, weil insoweit ein Ausgleich bereits erfolgt wäre. Das folgende Beispiel 7 behandelt ausdrücklich nur die wörtliche Auslegung der BGB-Vorschriften. Die hierzu ergangenen BGH-Urteile werden bewusst erst einmal außer Acht gelassen.

 

Beispiel 7

Das Ehepaar EM und EF beendet durch ehevertragliche Begründung der Gütergemeinschaft den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei EM belief sich das Anfangsvermögen auf 0 EUR und entwickelte sich bis Beendigung der Zugewinngemeinschaft auf 2.000.000 EUR. Bei EF betrug das Anfangsvermögen 0 EUR und das Endvermögen lag bei 600.000 EUR. Während der Ehe schenkte EM an EF 500.000 EUR.

Der Zugewinn für das Ehepaar berechnet sich (nach der wörtlichen Auslegung des BGB) wie folgt:

 
  EM EF
Endvermögen 2.000.000 EUR 600.000 EUR
Hinzurechnung zum EV 0 EUR  
Anfangsvermögen 0 EUR 0 EUR
Hinzurechnung zum AV 0 EUR 500.000 EUR
Zugewinn 2.000.000 EUR 100.000 EUR
Hinzurechnung zum Zugewinn 500.000 EUR  
Zugewinn EM 2.500.000 EUR  
abzgl. Zugewinn EF 100.000 EUR  
übersteigender Zugewinn 2.400.000 EUR  
hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EF 1.200.000 EUR  
Anrechnung nach § 1380 BGB 500.000 EUR  
Verbleibende Ausgleichsforderung 700.000 EUR  

Von dem Wortlaut und dieser Systematik des Gesetzes hat sich der BGH durch diverse Entscheidungen[10], bei denen offensichtlich eine größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit hergestellt werden sollte, immer weiter entfernt. Unter anderem hat der BGH befunden, dass bei Zuwendungen unter Ehegatten die Vorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB (Hinzurechnungen zum Anfangsvermögen beim Empfänger) nicht anzuwenden sei und der § 1380 BGB so auszulegen sei, dass das Endvermögen des Empfängers zu mindern sei. Dies führt im Übrigen – im Normalfall – zum gleichen Schlussergebnis.

Inwieweit diese Entscheidungen Einfluss auf die steuerrechtliche Konzeption haben, wird unter Punkt II. 2. b) ausgeführt.

[9] Vgl. Dr. Jens Jeep, Notar in Hamburg, "Ehegattenzuwendungen im Zugewinnausgleich – oder: Auf der Suche nach der verschollenen Systematik der §§ 1374 Abs. 2, 1380 BGB – zugleich Anmerkungen zum Urt. des BGH v. 22.9.2010 – XII ZR 69/09 –", DNotZ 2011, 590 ff.

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